Karlsruhe: Polizeipräsidenten in Nordrhein-Westfalen keine politischen Beamten

Die nordrhein-westfälische Praxis, dass ein Polizeipräsident jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden kann, ist nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.

Die nordrhein-westfälische Praxis, wonach ein Polizeipräsident jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden kann, ist nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe erklärte die Regelung nach Angaben vom Donnerstag für nichtig. Es antwortete damit dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster, das über den Fall des früheren Kölner Polizeipräsidenten Wolfgang Albers entscheiden muss. (Az. 2 BvL 2/22)

Er wurde nach der Silvesternacht 2015/2016, in der es rund um den Kölner Dom und am Hauptbahnhof zu massiven sexuellen Übergriffen und Diebstählen gekommen war, in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Dagegen wehrt er sich vor dem OVG. Dieses zweifelte an der nordrhein-westfälischen Regelung, wonach Polizeipräsidenten politische Beamte sind und somit jederzeit von der Landesregierung in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden können, und legte sie dem Verfassungsgericht vor.

Die Regelung greife in das sogenannte Lebenszeitprinzip ein, erklärte dieses nun. Der Eingriff sei nicht durch besondere Notwendigkeiten dieses Amts gerechtfertigt. Weder der Aufgabenbereich noch der Entscheidungsspielraum, die organisatorische Stellung oder die Beratungspflichten gegenüber der Landesregierung machten das Amt eines Polizeipräsidenten in Nordrhein-Westfalen zu einem politischen. Das Lebenszeitprinzip sieht vor, dass Beamte grundsätzlich auf Lebenszeit beschäftigt werden. Es soll ihre Unabhängigkeit gewährleisten.

In Nordrhein-Westfalen leitet ein Polizeipräsident eines von insgesamt 18 Polizeipräsidien. Deren Aufgaben sind die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die Erforschung und Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten sowie die Überwachung des Straßenverkehrs. Einen weiteren politischen Spielraum hätten sie nicht, führte das Verfassungsgericht aus. Die bloße Einstufung als sogenanntes Repräsentationsamt rechtfertige die Besetzung der Leitung mit einem politischen Beamten nicht.

Das Verfassungsgericht betonte, dass es grundsätzlich möglich ist, politische Beamte jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzen zu können. Diese Möglichkeit müsse aber auf eng begrenzte Ausnahmefälle beschränkt bleiben. Ob ein Amt mit einem politischen Beamten zu besetzen ist, muss dem Gericht zufolge je nach Einzelfall betrachtet werden. Voraussetzung ist demnach, dass der jeweilige Amtsträger zur Erfüllung seiner Aufgaben dauerhaft mit den grundsätzlichen politischen Ansichten und Zielen der Regierung übereinstimmen muss.

In den meisten Bundesländern gibt es Sonderregelungen, die es erlauben, politische Beamte in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen. Das ist grundsätzlich im Beamtenstatusgesetz geregelt. Für welche Ämter politische Beamte eingesetzt werden, wird von den einzelnen Ländern selbst bestimmt.
© AFP

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