Die Verbraucherpreise in Deutschland sind im Dezember unerwartet stark gestiegen: Die Inflationsrate betrug im letzten Monat des vergangenen Jahres vorläufigen Daten zufolge 2,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Montag mitteilte. Im Jahresdurchschnitt wird die Teuerung 2024 demnach voraussichtlich bei 2,2 Prozent liegen.
Im September hatte die Inflationsrate bei lediglich 1,6 Prozent gelegen. Im Oktober zog sie auf 2,0 Prozent an, im November dann weiter auf 2,2 Prozent. Im Dezember waren es nun erneut die Preise für Dienstleistungen, die besonders stark anstiegen – sie kletterten um 4,1 Prozent im Vergleich zum Dezember 2023.
Nahrungsmittel waren laut Statistik im Dezember 2,0 Prozent teurer als im Vorjahresmonat. Die Preise für Energie dagegen sanken um 1,7 Prozent. Das Minus war hier deutlich schwächer als in den Vormonaten. Im Vergleich zum November kletterten die Verbraucherpreise im Dezember um 0,4 Prozent.
„Gerade die höheren Lebensmittelpreise dürften viele in der Weihnachtszeit unmittelbar im Portemonnaie gespürt haben“, erklärte Konjunkturexpertin Stephanie Schoenwald von der Förderbank KfW. Am stärksten verteuerten sich aktuell aber weiterhin Dienstleistungen. Schoenwald erwartet, dass sich im Januar daran noch wenig ändern dürfte: „Dazu tragen die Preiserhöhung für das Deutschlandticket und deutliche Aufschläge bei den Autoversicherungen zur Jahreswende bei.“
Die Geldpolitik-Expertin des des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, Silke Tobler, betonte, dass sich die Jahresinflation gegenüber den Vorjahren deutlich abgeschwächt habe. Sie liege sehr nah am Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2,0 Prozent.
Im laufenden Jahr dürfte sich die Inflationsdynamik normalisieren, erwartet Tobler. „Die Dienstleistungspreise werden weniger stark steigen, insbesondere weil sich die aufholende Lohnentwicklung abschwächt, die Anhebung der Mehrwertsteuer auf Speisen in Gaststätten keine Rolle mehr spielt und die massiven Preissteigerungen bei einzelnen Dienstleistungen wie Kfz-Versicherungen und Pflegeeinrichtungen auslaufen.“
Auch Schoenwald von der KfW sieht in den Dezember-Werten ein „Zwischenhoch“. Nachholende Preiserhöhungen kämen zum Ende, die Lohnsteigerungen ließen nach, erläuterte sie. Sie erwartet 2025 eine Inflationsrate von im Schnitt 2,1 Prozent.
ING-Analyst Carsten Brzeski rechnet mit einer Teuerungsrate von 2,0 bis 2,5 Prozent im neuen Jahr. Die Dezember-Zahlen zeigten, dass die Feier zur Zähmung des Monsters Inflation im Sommer verfrüht gewesen sei, erklärte er. Nun sei das „Gespenst der Stagflation zurück“ – zumindest kurzfristig. Stagflation wird der Zustand genannt, wenn die Wirtschaft stagniert und die Arbeitslosigkeit hoch ist, die Preise aber steigen.
Brzeski erwartet dennoch, dass die EZB die Leitzinsen im Euroraum wegen der schwachen Konjunktur weiter senken wird. Der Einlagezins, zu dem Geschäftsbanken Geld bei der Zentralbank anlegen, liege bei „immer noch restriktiven“ 3,0 Prozent. Politische Instabilität und Unsicherheit in vielen Euro-Ländern zwängen die EZB dazu, ihren Kurs beizubehalten.
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