Fünf von sechs Studierenden in Deutschland nutzen einer Auswertung zufolge weder Bafög noch staatliche Kredite oder Stipendien. Neun von zehn würden von ihren Eltern finanziell unterstützt, teilte das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) am Freitag in Gütersloh mit. Mehr als zwei Drittel arbeiten neben dem Studium. Die Bedeutung der staatlichen Unterstützungsangebote ist dem gegenüber gering.
Maximal 16,2 Prozent der Studierenden griffen 2022 auf Bafög, staatliche Kredite oder Stipendien zurück. Weil bei einigen Angeboten eine Doppelförderung möglich ist, sei von einem noch niedrigerem Anteil auszugehen. Auf Länderebene gab es große Unterschiede, was die Nutzung von staatlicher Unterstützung angeht. Schlusslicht war Thüringen, wo 12,7 Prozent die Angebote nutzten. Spitzenreiter war Sachsen mit 23,7 Prozent.
„Dass mittlerweile mindestens 84 Prozent der Studierenden in Deutschland die staatlichen Unterstützungsangebote zur Studienfinanzierung nicht nutzen können oder wollen, zeigt den dringenden Reformbedarf in diesem Bereich“, erklärte Ulrich Müller vom CHE. Die Verzögerungen bei der Bafög-Reform und die hohen Zinsen beim KfW-Studienkredit sorgten weiter dafür, dass Studierende bei der Finanzierung ihres Studiums zunehmend auf sich allein gestellt seien.
Die politische Maßnahme, von der sie in den vergangenen Jahren am meisten profitiert hätten, sei die Anhebung des Mindestlohns auf zwölf Euro pro Stunde im Oktober 2022 gewesen. Wenn das System so bleibe, hänge der Studienerfolg künftig immer mehr von reichen Eltern oder einem flexiblen Studiengang mit der Möglichkeit eines Nebenjobs ab. „Beides hat mit einer chancengerechten Beteiligung an hochschulischer Bildung nicht viel zu tun“, kritisierte Müller.
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