Deutschland könnte seinen Verbrauch von Erdgas nach Berechnungen des Fachrates Energieunabhängigkeit um bis zu 78 Prozent reduzieren. Vor allem Wärme für Gebäude müsste dafür vermehrt aus Strom erzeugt werden, heißt es in einem am Dienstag veröffentlichten Strategiepapier des Gremiums. Die aktuelle Abhängigkeit von Erdgas führe zu erhöhten finanziellen und sicherheitspolitischen Risiken, so das Argument.
Deutschland müsse die Unabhängigkeit von Erdgas „ganz oben auf die Agenda setzen“, so das Gremium, das aus Expertinnen und Experten aus Finanzwirtschaft, Wirtschaftspolitik und Technik besteht. Durch Flüssiggasimporte als Reaktion auf den Stopp russischer Erdgasimporte seien neue Abhängigkeiten geschaffen worden. „Die Energiekrise hat gezeigt, wie teuer diese Abhängigkeiten sind“, erklärte Jonathan Barth, Sprecher des Fachrats.
Potenzial zur Senkung des Erdgasverbrauchs sieht das Gremium vor allem im Gebäudesektor und in der Industrie. Die Hälfte aller Wohnungen werde heute noch mit Gas beheizt. Wohnungsunternehmen, Energiedienstleister und Stadtwerke könnten den Umstieg auf erneuerbare Alternativen beschleunigen und müssten dafür zusammenarbeiten.
Die dafür notwendigen Ausgaben bezifferte der Fachrat mit 526 Milliarden Euro bis 2045, wobei der Großteil auf den Gebäudesektor entfällt und deutlich weniger Mittel (44 Milliarden Euro) auf die Industrie. Um den Wandel zu beschleunigen, sei es etwa wichtig, Vorreiter-Unternehmen zu belohnen und sichtbar zu machen.
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