EuGH: Erziehungszeit in anderem EU-Land zählt oft für Erwerbsminderungsrente

Der Europäische Gerichtshof hat die Voraussetzungen konkretisiert, unter denen Kindererziehungszeiten in anderen EU-Ländern für die Erwerbsminderungsrente zählen.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat die Voraussetzungen konkretisiert, unter denen Kindererziehungszeiten in anderen EU-Ländern für die Erwerbsminderungsrente zählen. Das kann dem Urteil vom Donnerstag zufolge auch dann der Fall sein, wenn die Betreffenden vor Geburt der Kinder nicht in die Rentenkasse einzahlten, aber beispielsweise Ausbildung oder Praktikum als Versicherungszeit zählen. Im konkreten Fall ging es um eine Deutsche, die lange in den Niederlanden lebte. (Az. C‑283/21)

Die 1958 geborene Frau machte in Deutschland eine Ausbildung zur Erzieherin und ein unbezahltes Praktikum, während sie in den Niederlanden wohnte. Vor der Geburt ihrer Kinder hatte sie noch keine Beiträge zur deutschen Rentenversicherung bezahlt. Die Kinder erzog sie in den Niederlanden. Als diese größer waren, pendelte sie einige Jahre für einen Minijob nach Deutschland. Später zog sie wieder nach Deutschland, war einige Jahre versicherungspflichtig beschäftigt und zahlte in die deutsche Rentenkasse ein.

Danach wurde sie erwerbsunfähig und bekam eine Erwerbsminderungsrente. Die deutsche Rentenversicherung berücksichtigte jene Zeiten als maßgeblich, in denen sie in Deutschland mit oder ohne Versicherungspflicht tätig war. Die zwölf Jahre, in denen die Frau in den Niederlanden Hausfrau und Mutter war, wurden nicht angerechnet. Dagegen zog sie vor Gericht.

Das nordrhein-westfälische Landessozialgericht in Essen legte dem Fall dem EuGH vor. Dieser hatte zwar bereits mehrmals entschieden, dass Kindererziehungszeiten im EU-Ausland für die Rente zählen. Dabei ging es aber um andere Konstellationen, nämlich Fälle, in denen die Betroffenen vor und teils auch nach Geburt der Kinder in dem entsprechenden Land Beiträge entrichteten.

Als Maßstab entwickelte der Gerichtshof das Kriterium einer hinreichenden Verbindung mit den Versicherungszeiten in dem betroffenen Mitgliedsstaat, in dem die Rente beantragt wurde. Für den aktuellen Fall sah er eine solche Verbindung. Dass die Frau während Ausbildung, Praktikum und Minijob vor 2013 keine Beiträge zur Rentenkasse zahlte, sei hier nicht entscheidend. In den Niederlanden habe die Frau dagegen keinen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente, weil sie dort nie gearbeitet habe.

Über die Klage der Frau muss nun das Gericht in Essen entscheiden. Es ist dabei an die Rechtsauffassung des EuGH gebunden.
© AFP

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