Der Deutsche Ethikrat mahnt eine gerechte Verteilung von Lasten im Kampf gegen den Klimawandel an. Gefragt seien dafür sowohl die Politik als auch Individuen und kollektive private Akteure wie Unternehmen und Organisationen, betonte die Ethikrats-Vorsitzende Alena Buyx am Dienstag bei der Vorstellung einer 13 Empfehlungen umfassenden Stellungnahme. „Die Klimakrise wird uns in schwierigste Herausforderungen und ethische Abwägungen bringen“, so Buyx. Sie zu bewältigen, sei „eine Frage der Gerechtigkeit.“
Staatliche, aber auch kollektive Akteure müssten stärker in die Verantwortung genommen werden, betonte Buyx. Das entbinde aber niemanden von der persönlichen Mitwirkungspflicht im Rahmen der eigenen Möglichkeiten. Der Ethikrat empfehle, öffentlich präziser die Konflikte und mögliche Kosten des Klimawandels und dessen Bekämpfung zu diskutieren. „Und das alles muss so schnell wie möglich passieren“, so Buyx.
Die Bedürfnisse derer, die am stärksten vom Klimawandel belastet seien, sollten vorrangig berücksichtigt werden, betont der Ethikrat. Gerechtigkeit sei innergesellschaftlich, international und intergenerationell zu bewerten. „Menschen mit weniger Geld tragen im Schnitt weniger zum Klimawandel bei, werden aber stärker belastet“, sagte Ethikrats-Mitglied Kerstin Schlögl-Flierl.
Daher seien die Auswirkungen von Klimaschutzmaßnahmen auf Zumutbarkeit für schlechter gestellte Menschen zu überprüfen und bei Bedarf auszugleichen, etwa durch eine pauschale Pro-Kopf-Rückvergütung aus der CO2 -Bepreisung an alle Einwohnerinnen und Einwohner. „Zusätzlich sollten ordnungspolitische Instrumente wie eine überproportionale Bepreisung besonders klimaschädlicher Produkte oder Dienstleistungen in Betracht gezogen werden, um sie auch für finanzstarke Personen unattraktiver zu machen“, schreibt der Ethikrat in seinen Forderungen.
Außerdem müsse die internationale Gerechtigkeit berücksichtigt werden. Länder im globalen Süden hätten historisch gesehen weniger zum Klimawandel beigetragen, litten nun aber stärker unter den Auswirkungen. Die Lasten sollten daher so verteilt werden, dass die Mindestanforderungen für Güter nicht unterschritten werden, die ein gutes Leben ermöglichten.
Das gelte auch für künftige Generationen. „Junge Menschen und Menschen, die noch nicht einmal geboren sind, werden in Zukunft drastische Klimafolgen zu ertragen haben, die vor allem jetzt und in der Vergangenheit verursacht wurden“, so Schlögl-Flierl. Die Interessen der zukünftigen Generationen seien daher schon heute zu berücksichtigen.
Die gerechte Verteilung der Verantwortung für Klimaschutzmaßnahmen sei „vornehmlich eine staatliche Aufgabe.“ Die Politik müsse nun die „gesellschaftlichen Verhältnisse und rechtlichen Rahmenbedingungen“ so gestalten, „dass emissionsärmeres Verhalten ohne unzumutbare persönliche oder unternehmerische Belastungen möglich ist und dass Lasten gerecht verteilt werden“, fordert der Ethikrat. „Deshalb sind klare gesetzliche Regelungen notwendig, um Individuen klimafreundliches Handeln zu erleichtern.“
Aber auch „jeder Mensch“ trage „die moralische Verantwortung, zum Kampf gegen den Klimawandel beizutragen und nach Möglichkeit und Zumutbarkeit die eigene Lebensweise zu ändern“, betonte Armin Grunwald vom Ethikrat. „Ansonsten geht die Freiheit heute auf Kosten der Freiheit anderer. Auf kosten des globalen Südens und künftiger Generationen.“
Individuelles klimafreundliches Handeln sei aber oft „schwer oder unzumutbar“ und erfordere „moralisches Heldentum“, da es oft keine Alternativen gebe. „Eine moralische Kritik an Entscheidungen im Bereich der privaten Lebensführung und des Konsums ist kein Ersatz für notwendige politische Maßnahmen“, betont der Ethikrat.
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