Der Deutsche Bundeswehrverband hat angesichts anhaltender Mängel bei Ausrüstung und Infrastruktur der Streitkräfte schnellere und höhere Investitionen gefordert. Das 100 Milliarden Euro schwere Sondervermögen für die Bundeswehr reiche „bei weitem“ nicht aus, um die Einsparungen seit dem Ende des Kalten Krieges auszugleichen, sagte der Verbandsvorsitzende André Wüstner im ARD-„Morgenmagazin“ vor der Vorlage des Jahresberichts der Wehrbeauftragten des Bundestags am Dienstag.
„Wir haben in allen Teilstreitkräften massive Probleme gemessen am Auftrag, an der Lage“, sagte Wüstner. „Wir haben keine einzige Heeresbrigade einsatzbereit.“ Für die Rückkehr zur Landes- und Bündnisverteidigung infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine sei die Bundeswehr bisher „weiter nicht aufgestellt“. Deswegen komme es nun darauf an, die Investitionen zu beschleunigen.
Dafür werde 2024 „ein Schlüsseljahr“, sagte Wüstner. Er verwies darauf, dass die Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD) schon im vergangenen Jahr einen Investitionsbedarf von mindestens 300 Milliarden Euro genannt habe. Er hoffe, dass es der Regierung und Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) gelinge, „in diesem Jahr maßgebliche Weichen zu stellen, damit es endlich besser wird“.
Denn Mängel bei Ausrüstung und Unterkünften sowie fehlende Waffensysteme hätten auch Auswirkungen auf die Attraktivität der Bundeswehr als Arbeitgeber, sagte Wüstner. Wenn Kasernen marode seien und die Bundeswehr Hubschrauberpiloten ausbilde, die dann nicht fliegen könnten, sei dies „kein Aushängeschild“.
Die Rückkehr zu einer Dienstpflicht würde aus Sicht Wüstners sicher helfen, um den Personalmangel zu bekämpfen. Er ging davon aus, dass Pistorius dieses Jahr Vorschläge entweder zu einer Wehrpflicht oder zum sogenannten schwedischen Modell machen werde, also einer Dienstpflicht, bei der möglichst nur Freiwillige eingezogen werden.
In Deutschland wurde die Anwendung der Wehrpflicht Mitte 2011 ausgesetzt. Die rechtlichen Grundlagen dafür bestehen jedoch fort.
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