Das Bundesverteidigungsministerium will die Coronaimpfpflicht für Soldatinnen und Soldaten abschaffen. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) habe dies am Dienstag entschieden, bestätigte das Ministerium am Mittwoch. Eine aktuelle Überprüfung habe ergeben, dass die Impfpflicht nicht mehr nötig sei, um die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr zu sichern. Stattdessen solle es künftig eine „nachdrückliche Empfehlung“ für die Covid-19-Impfung geben, sagte eine Sprecherin.
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verhandelte am Mittwoch über die Klage eines Soldaten gegen die Coronaimpfpflicht und vertagte seine Entscheidung nach der Ankündigung aus Berlin. (Az. 1 WB 50.22) Das Bundesverteidigungsministerium hatte die Impfung im November 2021 in die Liste der verbindlichen Basisimpfungen für Soldatinnen und Soldaten aufgenommen. Für diese Impfungen, darunter etwa auch Hepatitis und Grippe, besteht eine sogenannte Duldungspflicht.
Bundesverteidigungsminister Pistorius folgte nun einer Empfehlung des Wehrmedizinischen Beirats und des Sanitätsdiensts, die Coronaimpfung wieder von der Liste der Basisimpfungen zu streichen und durch eine „nachdrückliche Empfehlung“ zu ersetzen. Die Umsetzung dieser Entscheidung wird nach Angaben der Ministeriumssprecherin voraussichtlich noch einige Wochen dauern. So müssen unter anderem die Personalvertretungen zustimmen.
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte die Aufnahme der Coronaimpfung am 7. Juli 2022 zwar als rechtmäßig angesehen, dabei aber angeordnet, dass das Ministerium die Notwendigkeit dieser Impfung regelmäßig überprüfen muss. Die Sprecherin betonte, dass dies ohnehin bei allen Impfungen regelmäßig geschehe. Dabei würden die Eingriffe in die Rechte der Soldatinnen und Soldaten mit dem Ziel der Funktionsfähigkeit und Einsatzbereitschaft der Bundeswehr abgewogen.
Am Mittwoch verhandelte das Bundesverwaltungsgericht über die Klage eines Soldaten, der sich von Beginn an gegen die Coronaimpfpflicht gewehrt hatte. Nun machte er geltend, diese sei jedenfalls inzwischen nicht mehr angemessen und daher rechtswidrig. Weil die Ministeriumsentscheidung noch nicht umgesetzt ist, sicherte das Verteidigungsministerium nach Gerichtsangaben dem Kläger individuell zu, dass er sich nicht mehr impfen lassen muss. Disziplinarstrafen gegen den Kläger habe es bislang nicht gegeben.
Inwieweit dadurch der Streit erledigt ist, war bei der Leipziger Verhandlung umstritten. Die Anwälte des Klägers machten ein „Rehabilitationsinteresse“ geltend. Der Soldat wolle bestätigt haben, dass seine Impfverweigerung nicht rechtswidrig war. Der erste Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts unterbrach die Verhandlung nun.
Das Gericht gab den Beteiligten bis zum 29. Juli die Möglichkeit zu schriftlichen Stellungnahmen in dieser Frage. Danach will der Wehrdienstsenat prüfen, „ob eine weitere mündliche Verhandlung erforderlich ist oder ob im schriftlichen Verfahren entschieden werden kann“. Das Bundesverwaltungsgericht ist für den Streit in erster und letzter Instanz zuständig.
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