Bundesverfassungsgericht: Bei Abschiebehaft muss Vertrauter benachrichtigt werden

Wenn jemand in Abschiebehaft kommen soll, muss ein Angehöriger oder ein Vertrauter des Betroffenen benachrichtigt werden.

Wenn jemand in Abschiebehaft kommen soll, muss ein Angehöriger oder ein Vertrauter des Betroffenen benachrichtigt werden. Das bestätigte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe nach Angaben vom Mittwoch und gab den Verfassungsbeschwerden von drei Männern aus Afghanistan und Jordanien insofern statt. Die entsprechende Regelung im Grundgesetz solle ein spurloses Verschwinden von Inhaftierten verhindern, erklärte es. (Az. 2 BvR 656/20 u.a.)

Die drei Männer sollten Deutschland verlassen. Obwohl sie bei ihrer jeweiligen Anhörung angaben, dass jemandem Bescheid gegeben werden sollte, wurde gegen sie Abschiebungs- oder Überstellungshaft angeordnet, ohne dass ein Vertrauter benachrichtigt wurde. Dadurch seien die Männer in ihren Grundrechten verletzt worden, erklärte das Gericht.

Einer der Männer wollte einen Freund anrufen, bei dem er einige Sachen aufbewahrte. Das Amtsgericht Merseburg in Sachsen-Anhalt ordnete Abschiebehaft an, ohne diesen Freund zu benachrichtigen, und dokumentierte die Gründe dafür nicht. Auf die Beschwerde des Afghanen hin erklärte das Landgericht Halle, dass der nicht namentlich benannte Freund die Anforderungen an eine Vertrauensperson nicht erfülle.

Der andere Afghane nannte einen Bekannten in Frankfurt, wusste aber nur dessen Namen und nicht die Adresse oder das Geburtsdatum. Hier erklärte das Amtsgericht im bayerischen Hof später, dass der Bekannte so nicht eindeutig identifiziert werden könne. Auch sei unklar, ob es sich um Frankfurt am Main oder an der Oder handle.

Der Jordanier bat um Benachrichtigung der Klinik, bei der er hospitierte. Das Amtsgericht Hildburghausen In Thüringen benachrichtigte niemanden. Das Landgericht Meiningen wies die Beschwerde des Jordaniers mit der Begründung zurück, dass es sich bei einer Klinik weder um einen Angehörigen noch um einen Vertrauten handle.

Das Verfassungsgericht führte nun aus, dass es einem Amtsgericht zumutbar sei, eine Meldeauskunft einzuholen. Die Benachrichtigung über eine Inhaftierung könne nicht davon abhängen, ob der Festgehaltene ohne Vorbereitung die Anschrift eines Vertrauten nennen könne. Wenn es nicht um einen konkreten Menschen gehe, sondern um eine Klinik, liege es nahe, jemanden zu benachrichtigen, der dort beispielsweise das Personal oder die Hospitationen organisiere.
© AFP

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