Der Wertverlust eines Autos nach einem Unfall muss anhand des Nettopreises geschätzt werden, den es bei einem Weiterverkauf erzielen würde. Das entschied der Bundesgerichtshof in Karlsruhe nach Angaben vom Mittwoch in einem Fall aus Bayern. Die Revision einer Haftpflichtversicherung war damit erfolgreich, das Landgericht Memmingen muss in dem Fall neu entscheiden. (Az. VI ZR 188/22)
Es ging um ein geleastes Fahrzeug, das bei einem Verkehrsunfall beschädigt wurde. Klar war bereits, dass die Versicherung voll haftet und zahlen muss. Die Frage war nur, wie viel. Die Klägerin, eine GmbH, ließ das Fahrzeug reparieren und machte einen merkantilen Minderwert von 1250 Euro geltend.
Dabei handelt es sich um die Summe, um die der Wiederverkaufspreis trotz Reparatur sinkt. Unfallautos erzielen auf dem Gebrauchtwagenmarkt normalerweise niedrigere Preise. Die Wertdifferenz muss dem Geschädigten in jedem Fall ersetzt werden – auch wenn er das Auto behält und nicht weiterverkauft.
Die Versicherung zahlte in dem Fall nur 700 Euro. Die Firma zog vor Gericht, um zu erreichen, dass die Leasinggesellschaft den Rest des Betrags noch erhält. Vor dem Landgericht hatte sie damit teilweise Erfolg. Dieses holte ein Gutachten ein. Auf dessen Grundlage entschied es, dass der merkantile Minderwert 1000 Euro betrage und die Versicherung deshalb noch 300 Euro bezahlen müsse.
Strittig war, ob von dem Minderwert noch eine Summe abgezogen werden muss, die dem Umsatzsteueranteil entspricht. Das Landgericht entschied dagegen. Der BGH sah das nun differenziert. Er erklärte, dass es darauf ankomme, wie die Wertminderung geschätzt worden sei.
Grundsätzlich müsse der Nettoverkaufspreis zugrunde gelegt werden. Wenn der Minderwert aber auf Grundlage des Bruttoverkaufspreises geschätzt worden sei, müsse er nach unten korrigiert werden. Dann muss dem BGH-Urteil zufolge ein Betrag abgezogen werden, der dem Umsatzsteueranteil entspricht.
In dem Fall aus Bayern war unklar, ob das Landgericht den Brutto- oder den Nettoverkaufspreis angesetzt hatte. Darum muss es neu entscheiden. Das BGH-Urteil reicht aber über diesen Einzelfall hinaus: In drei weiteren Fällen entschieden die Richterinnen und Richter in Karlsruhe die Frage genauso.
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