14 Ärztinnen und Ärzte haben sich mit Unterstützung des Marburger Bunds wegen der Triageregeln an das Bundesverfassungsgericht gewandt. Der Ärzteverband gab am Mittwoch in Berlin bekannt, dass eine Verfassungsbeschwerde gegen die Vorschrift im Infektionsschutzgesetz eingereicht worden sei. Sie soll das Vorgehen in Extremsituationen regeln, wenn nicht genügend intensivmedizinische Kapazitäten zur Verfügung stehen und Mediziner entscheiden müssen, wer vorrangig behandelt wird.
Die Regelungen verstießen gegen Grundrechte von Ärztinnen und Ärzten, erklärte der Marburger Bund. Sie verletzten die Berufs- und die Gewissensfreiheit. Medizinern würden „Grenzentscheidungen aufgezwungen, die ihrem beruflichen Selbstverständnis an sich widersprechen und sie in eklatante Gewissensnöte bringen“.
Das Gesetz sieht vor, dass die Entscheidung nur nach der aktuellen und kurzfristigen Überlebenswahrscheinlichkeit der betroffenen Patienten getroffen werden darf. Es sei aber widersprüchlich und zu ungenau, kritisieren die Beschwerdeführer, die in der Intensiv- oder Notfallmedizin arbeiten.
Sie wenden sich auch gegen das Verbot einer sogenannten Ex-post-Triage, also dass Ärzte die Behandlung eines Patienten zugunsten eines anderen mit besseren Überlebenschancen abbrechen dürfen. Ihnen werde dadurch zugemutet, entscheiden zu müssen in dem Wissen, „dass sie später eintreffende Patienten mit deutlich besseren Überlebenschancen nicht intensivmedizinisch behandeln können“, bemängelte der Marburger Bund.
So werde die ohnehin schon hohe Belastung in einer solchen Situation verstärkt. Ärzte könnten nicht mehr alles in ihrer Macht Stehende tun, um „unter den schwierigen Umständen einer extremen Ressourcenknappheit die größtmögliche Zahl an Menschen zu retten“.
Beide Regelungen machten ein mit ärztlichen Grundsätzen zu vereinbarendes Handeln in einer Dilemmasituation unmöglich, hieß es weiter. Außerdem verursachten sie „eine erhebliche Rechtsunsicherheit und ein signifikantes Strafbarkeitsrisiko“.
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