Die Chefin der sogenannten Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, hat das Rentenpaket II als „nicht generationengerecht“ kritisiert. Es sei „nicht der benötigte große Wurf, um das Rentensystem langfristig zu stabilisieren“, sagte Schnitzer der „Rheinischen Post“ (Mittwochsausgabe). Die Zugeständnisse an die Rentnerinnen und Rentner gingen „vollständig zu Lasten der jüngeren Generationen, die bereits in absehbarer Zeit mit steigenden Sozialabgaben zur Pflege- und Krankenversicherung belastet werden“. Kritik kam auch von anderen Ökonomen.
Schnitzer forderte, die Renten nicht wie bisher an die Lohnentwicklung zu koppeln, sondern an die Preisentwicklung. Auch kritisiert die Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, dass das geplante Generationenkapital nicht weit genug gehe. Es bleibe „weit hinter dem Vorschlag des Sachverständigenrats zur Aktienrente zurück und wird das Rentensystem nicht wesentlich entlasten“, monierte die Wirtschaftswissenschaftlerin.
Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm kritisierte die geplante Ausgestaltung des Generationenkapitals ebenfalls. „Besser wäre es tatsächlich, wenn man ein verpflichtendes kapitalgedecktes Verfahren einführt“, sagte sie im WDR. Dieses würde jungen Menschen ermöglichen, „anzusparen, um dann später im Alter dadurch einen Teil ihrer Rente abdecken zu können“. Grimm forderte ein Rentensystem, „dass eben auch den jungen Menschen verlässlich die Rente garantiert“.
Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hält das Rentenpaket II auch für einen Fehler. Es sei „eine gute Nachricht für die Babyboomer“, sagte er dem Sender ntv. „Aber konkret heißt das auch, dass eine noch stärkere Umverteilung von Jung zu Alt stattfindet.“ Denn um das Rentenniveau stabil zu halten, würden die Beiträge der Beschäftigten steigen müssen – „von im Augenblick 18,6 Prozent auf 22,3 Prozent im Jahr 2035“.
Das Generationenkapital sieht der DIW-Chef wie die beiden Wirtschaftsweisen kritisch. Es werde „nicht genug Rendite generieren, um die gesetzliche Rente spürbar zu entlasten“, mahnte er. Es gehe um zehn Milliarden Euro an zusätzlichen Einnahmen pro Jahr. „Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Das wird vorn und hinten nicht reichen, um die gesetzliche Rente besser zu unterstützen.“
Das Bundeskabinett hat am Mittwochvormittag nach monatelangem Streit das Rentenpaket II beschlossen. Es soll die Weichen stellen für eine in Zukunft finanziell tragfähige und dennoch sozial gerechte Altersvorsorge. Geplant ist der Aufbau eines Generationenkapitals, das Milliardenzuschüsse des Staates im Kapitalmarkt anlegen und langfristig die Finanzierung der Rentenversicherung sichern soll. Im Gegenzug soll das Rentenniveau von 48 Prozent zunächst bis 2039 stabil bleiben. Die Beitragssätze sollen mittelfristig moderat steigen.
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