Ein Polizist aus Mölln in Schleswig-Holstein soll über Jahre hinweg im Dienst immer wieder rassistisch und diskriminierend über Ausländer oder Menschen mit Migrationshintergrund gesprochen haben. Bei einer Streifenfahrt soll er außerdem nationalsozialistisches Gedankengut geäußert haben, wie der Leiter der Polizeidirektion Ratzeburg, Bernd Olbrich, am Freitag vor Journalisten sagte. Es läuft ein Disziplinarverfahren und der Möllner Polizist wurde vorläufig des Dienstes enthoben.
Seine Verfassungstreue steht den Angaben nach in Frage. Der erste Verdacht kam demnach im Jahr 2022 auf. Im Mai sei der Beamte mit einem anderen Polizisten Streife gefahren. Während der Fahrt habe er Bemerkungen gemacht, die auf seinen Kollegen „verstörend“ gewirkt hätten und ihm inakzeptabel erschienen seien. Das mutmaßlich Gesagte sei nationalsozialistisch, diskriminierend, herabwürdigend und menschenverachtend gewesen.
Der andere Polizist wandte sich an die Antirassismus- und Wertebeauftragten der Landespolizei, wie Olbrich weiter schilderte. Die Behördenleitung der Polizeidirektion Ratzeburg habe sowohl ein Strafverfahren als auch ein Disziplinarverfahren gegen den Polizisten veranlasst, der sich diskriminierend geäußert haben soll.
Das Strafverfahren wegen des Verdachts der Volksverhetzung sei mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt worden, da die mutmaßlichen Äußerungen nicht öffentlich gemacht wurden. Polizisten stehen aber in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis zum Staat, wie Olbrich betonte. Da die Verfassungstreue des Polizisten „erheblich in Frage gestellt“ gewesen sei, habe es im Zusammenhang mit dem Disziplinarverfahren eine Durchsuchung bei ihm gegeben.
Dabei seien Datenträger beschlagnahmt worden. Die Auswertung habe dazu geführt, dass die straf- und dienstrechtlichen Verdachtsmomente gegen den Polizisten erweitert worden seien. Den Angaben nach wird gegen ihn strafrechtlich wegen des Verdachts unterschiedlicher Betrugsdelikte, zahlreicher Indiskretionsdelikte und datenschutzrechtlicher Verstöße ermittelt. Auch das Disziplinarverfahren sei um diese Aspekte ausgedehnt worden. Weiter stehe aber der Verdacht der fehlenden Verfassungstreue im Fokus.
Zudem habe die Auswertung Einblick in die Kommunikation des Polizisten mit Kollegen über einen Messengerdienst gegeben. Gegen sechs weitere Beamte bestehe der Verdacht straf- und dienstrechtlicher Verstöße, die allerdings weniger schwer wögen als die Vorwürfe gegen den zuerst genannten Polizisten: Hier gehe es beispielsweise um möglichen Arbeitszeit- und Versicherungsbetrug, Datenverstöße und in einem Fall ebenfalls um den Verdacht ausländerfeindlicher Äußerungen. Gegen sie wird ebenfalls straf- und dienstrechtlich ermittelt.
Hinweise anderer Polizisten verdichteten die Vorwürfe gegen den Hauptbetroffenen den Angaben zufolge. In der Folge seien auch gegen drei Führungskräfte der Polizeistation Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Sie sollen die ausländerfeindlichen Äußerungen geduldet beziehungsweise sich in einem Fall daran beteiligt und auf einen Zeugen Einfluss genommen haben. Der Komplex sei der strafrechtlichen Bewertung durch die Staatsanwaltschaft zugeleitet worden, hieß es weiter.
Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) erklärte zu dem Fall, dieser sei „durch nichts zu entschuldigen oder zu rechtfertigen“. Die Landespolizei Schleswig-Holstein stehe „für das Einhalten unserer Werte. Jegliches Fehlverhalten wird konsequent verfolgt“, ergänzte sie.
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