Reul nennt weitere Details zu Festnahme von mutmaßlichem Attentäter in Solingen

Nach dem mutmaßlich islamistisch motivierten Messeranschlag im nordhrein-westfälischen Solingen hat Landesinnenminister Herber Reul (CDU) nähere Details zur Festnahme des Verdächtigen genannt.

Polizeibeamte hätten den mutmaßlichen Täter im Rahmen der Fahndung wegen verdächtigen Verhaltens bemerkt, ihn angesprochen und sofort festgenommen, sagte Reul am Donnerstag im Landtag. Berichte hatten bisher davon gesprochen, der Mann habe sich selbst gestellt.

Die Umstände der gescheiterten Abschiebung des Syrers warfen nach der Tat von Solingen Fragen hinsichtlich möglicher Versäumnisse auf. Der Mann hatte 2023 abgeschoben werden sollen, wurde aber von den Behörden nicht angetroffen. Nach Ablauf einer Frist zur Überstellung nach Bulgarien wurde ihm Schutz gewährt.

Reul warnte in einer gemeinsamen Sitzung von Innen- und Integrationsausschuss am Donnerstag angesichts mit Blick auf Konsequenzen vor „Schnellschussantworten“ und mahnte eine „sachliche Debatte“ an. Ob der Syrer sich in Deutschland oder bereits vor seiner Ankunft radikalisiert habe, sei noch Gegenstand der Ermittlungen der Bundesanwaltschaft. Bis zu seiner Tat sei der Syrer polizeilich nicht Erscheinung getreten, stellte Reul klar.

Landesflüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) wies im Fall des nicht abgeschobenen Syrers auf Fehler im Abschiebesystem hin. Es handle sich um einen „Fall in einem höchst fehleranfälligen System“, sagte sie mit blick auf die sogenannten Dublin-Verfahren. Ähnliche Fälle gebe es „an vielen anderen Stellen“. Viele Abschiebungen innerhalb der EU könnten wegen eng gesetzter Bedingungen der Zielländer nicht erfolgen. Paul begrüßte in diesem Zusammenhang angekündigte Gespräche „zwischen Bund und Ländern“.

Als Konsequenz aus dem Attentat ermögliche das Land den zentralen Ausländerbehörden nun den Zugriff auf Informationen zu An- und Abwesenheiten von Geflüchteten in ihren Unterkünften, sagte Paul. Außerdem sollten Unterkunftsleiter die Ausländerbehörden „umgehend“ informieren, wenn ein Asylbewerber nach gescheiterter Abholung wieder in der Unterkunft auftauche. Dazu hatte es bislang keine Verpflichtung gegeben.

Paul zufolge war der verdächtige Syrer am Vorabend sowie am Mittag seines Abholtags „beim Mittagessen anwesend“ gewesen. Eine Überstellung nach Bulgarien wäre aber im vorliegenden Fall auch mit einer später noch nachgeholten Abholung nicht mehr möglich gewesen, weil ein freier Flug bis zum Ablauf der Überstellungsfrist nicht mehr hätte gebucht werden können, ergänzte Paul. Dennoch sollen die Behörden Nachbuchungen nun „noch genauer“ prüfen.

Für sogenannte Rücküberstellungen werden Paul zufolge von den Zielländern teils enge Grenzen gesetzt. Im Fall von Bulgarien erfolgen diese etwa nur per Flugzeug an bestimmten Wochentagen und Zeitfenstern in die Hauptstadt Sofia. ,Zur weiteren Aufarbeitung des Attentats wollen die Regierungsfraktionen von CDU und Grüne nach Angaben vom Donnerstag die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses im Landtag beantragen. Ziel sei, die Hintergründe aufzuarbeiten und Konsequenzen zu ziehen.

Die SPD-Fraktion unterstützte die Einrichtung des Ausschusses und sprach zugleich von einer „Flucht nach vorn“ der Regierungsparteien. Auch die FDP-Fraktion begrüßte den geplanten Ausschuss „ausdrücklich“. Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) wird am Freitag in einer Sondersitzung den Landtag über die bisherigen Erkenntnisse unterrichten.

Der verdächtige Syrer soll am Freitag bei einem Stadtfest in Solingen drei Menschen erstochen und acht weitere verletzt haben. Die Bundesanwaltschaft geht von einer Tat mit islamistischem Hintergrund aus. Er sitzt seit Sonntag in Untersuchungshaft.
© AFP

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