Teilzeitberufsausbildung: Eine große Sache

Agentur für Arbeit Krefeld, Unternehmerschaft Niederrhein, IHK Mittlerer Niederrhein, IG Metall und DGB stellen Erfolgsbeispiele vor

Krefeld – Eine qualifizierte Berufsausbildung ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Integration in den Arbeitsmarkt. Vor allem junge Menschen mit Familienverantwortung haben es aber oftmals besonders schwer, ihren Wunsch nach einer Berufsausbildung zu realisieren. In dieser Situation bietet eine Ausbildung in Teilzeit neue Wege, um erfolgreich in den Beruf einzusteigen. Wie es gehen kann, zeigen konkrete Beispiele. So haben Nurdan Temel auf Vermittlung der Agentur für Arbeit Krefeld bei der IG Metall in Krefeld und Mia Grüter auf Vermittlung der IHK Mittlerer Niederrhein bei der Unternehmerschaft Niederrhein eine Ausbildung in Teilzeit begonnen. Die Sozialpartner in der Region haben sich auf die Fahnen geschrieben, diese Möglichkeit der Berufsausbildung bekannter zu machen.

Dr. Sarah Borgloh, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Krefeld: „Noch ist die Teilzeitberufsausbildung relativ unbekannt. Unser Beratungsangebot setzt genau da an. Sie ist eine maßgeschneiderte Möglichkeit beispielsweise für Eltern oder Pflegende trotz privater Herausforderung eine duale Ausbildung zu absolvieren und einen optimalen Start in das Berufsleben zu gewährleisten. Die Betriebe sichern sich auf diesem Weg eine gesuchte Fachkraft und präsentieren sich als offener und innovativer Arbeitgeber. Daher werbe ich gerne sowohl auf der Bewerberseite als auch bei den Betrieben: Nutzen Sie die Chancen, die eine Teilzeitberufsausbildung bietet.“
Kirsten Wittke-Lemm, Hauptgeschäftsführerin der Unternehmerschaft Niederrhein, erläutert: „Die Teilzeitausbildung ist eine vollwertige Berufsausbildung mit wegweisender Funktion, weil sie die gesellschaftliche Teilhabe der Menschen fördert, die den Einstieg ins Berufsleben aufgrund ihrer individuellen Lebensumstände vielleicht gar nicht oder nicht so zügig gefunden hätten.
Ausbildungsbetriebe haben im Rahmen einer Teilzeitausbildung die Möglichkeit, flexibel auf ihre Auszubildenden zu reagieren. So erhöhen sie nicht nur gegenüber zukünftigen Fachkräften ihre Attraktivität als Arbeitgeber, sondern verlieren auch keine bereits investierte Ausbildungszeit, falls sich die Lebensumstände während der Ausbildung – beispielsweise durch die Geburt eines Kindes – ändern. Außerdem bietet die Möglichkeit einer Teilzeitausbildung im Recruiting die Chance, sich einen ganz neuen Personenkreis zu erschließen, der für die duale Ausbildung ansonsten so nicht erreichbar wäre. Für die Wirtschaft in der Region ist die Teilzeitausbildung damit ein wichtiges Instrument, das dabei hilft, potentielle Fachkräfte und Betriebe zusammenzubringen. Insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen eröffnet sich dadurch die Möglichkeit, dem allgegenwärtigen Fachkräftemangel entgegenzuwirken indem sie beispielsweise die vorhandenen Erwerbspotenziale von Frauen besser nutzen.
Im Verwaltungsausschuss der Agentur für Arbeit in Krefeld haben wir uns der Teilzeitausbildung daher verstärkt angenommen. Wir wollen sie gemeinsam für unsere Region bekannter machen und voranbringen und gehen auch bei der Unternehmerschaft Niederrhein mit gutem Beispiel voran: Seit August letzten Jahres absolviert eine junge, alleinerziehende Mutter bei uns im Verbandshaus am Ostwall in Krefeld ihre Teilzeitausbildung zur Kauffrau für Büromanagement, was sowohl sie als auch uns sehr erfüllt. Sie bereichert unser Team mit frischen und jungen Impulsen, beeindruckt gleichzeitig mit ihrer sehr früh gefestigten Persönlichkeit. Auf der anderen Seite hat sie nun die Gelegenheit, mit ihren 21 Jahren nicht nur Mutter zu sein, sondern sich auch beruflich zu entwickeln. Damit ist die Teilzeitausbildung gleichermaßen eine Investition in ihre sowie in unsere Zukunft.“

„Vom gesetzlich verankerten Modell der Teilzeitausbildung profitieren auch die Betriebe. Vor allem für Unternehmen, die sich bei der Suche nach geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern neue Zielgruppen erschließen wollen, kann die Ausbildung in Teilzeit eine attraktive Alternative sein“, sagt Daniela Perner, Geschäftsführerin der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein und unter anderem verantwortlich für den Bereich Berufliche Bildung. „Das Modell ermöglicht es Ausbildungsbetrieben, flexibel auf die verschiedensten Lebensbedingungen ihrer Auszubildenden reagieren zu können. So erhöhen sie ihre Attraktivität als Arbeitgeber bei der zukünftigen Fachkraft. Außerdem erhöht Teilzeitausbildung die Rekrutierungsreichweite der Ausbildungsbetriebe.“ Damit könnten potenzielle Auszubildende, die aufgrund ihrer besonderen Lebenssituation bisher keine Ausbildung angestrebt haben, nun direkt angesprochen werden. „So konnte unser Fachberater Yannick Haupt beispielsweise eine junge alleinerziehende Mutter über unser Projekt ,Passgenaue Besetzung‘ an die Unternehmerschaft Niederrhein e.V. aus Krefeld erfolgreich als Auszubildende zur Kauffrau für Büromanagement in Teilzeit vermitteln“, so Perner. „Die Teilzeit-Ausbildung bietet der jungen Mutter eine gute Perspektive und die Chance, einen beruflichen Einstieg zu finden und sich und ihre Familie zu finanzieren.“

„Ich habe es ja selbst erlebt wie toll es ist, wenn einem die Chance für eine Ausbildung – trotz Erziehungsaufgabe und in Teilzeit – gegeben wird. Ich finde es total klasse, dass ich jetzt dieses Feuer an unsere „AzuBiene“ weitergeben darf und bin mir sicher, dass es für uns, Sie und auch gesellschaftlich ein wertvolles und wirkungsvolles Ausbildungsengagement ist“, bewertet Sabrina Köster, Ausbilderin bei der IG Metall Krefeld, das Ausbildungsprojekt.
„In Zeiten von Fachkräftemangel müssen Unternehmen alle Potenziale zur Fachkräftegewinnung nutzen. Eine Zielgruppe dabei sind junge Mütter im Alter von 16 bis unter 25 Jahren. Oft sind sie ohne Berufsabschluss. Eine Teilzeitberufsausbildung bietet ihnen erstmals eine Chance auf eine Berufsausbildung oder zur Rückkehr in eine abgebrochene oder unterbrochene Ausbildung. Sie können – trotz Familienaufgaben – einen qualifizierten Berufsabschluss erreichen und dadurch für sich und ihre Kinder eine solide Lebensgrundlage schaffen. Damit verbessern sie auch ihre Chancen im späteren Erwerbsleben. Die Ausbildung kann junge Mütter und auch Väter aus einer möglichen Isolation holen und neue berufliche Perspektiven eröffnen“, so Klaus Churt, Organisationssekretär des Deutscher Gewerkschaftsbund NRW Region Düsseldorf-Bergisch Land.

Ausbildung in Teilzeit ist in allen Berufen des dualen Systems möglich. Mit der Novelle des Berufsbildungsgesetzes, die Anfang 2020 in Kraft trat, wurde diese Form der Berufsausbildung für alle geöffnet. Dadurch können mehr Menschen die Teilzeitberufsausbildung in Anspruch nehmen als davor.
Die Agentur für Arbeit Krefeld bietet ein breites Beratungsangebot zum Thema Teilzeitberufsausbildung.
Junge Menschen, die sich für das Thema interessieren, können sich an die Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt, Monique van Huijstee, wenden. Sie ist unter 02151/92-2412 oder per mail (Krefeld.BCA@arbeitsagentur.de) zu erreichen.
Interessierte Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber können sich zudem unter 02151/92-1413 oder per mail (krefeld.arbeitgeber-ausbildung@arbeitsagentur.de) bei Raphaela Becker im Arbeitgeber-Service informieren.

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