Krefeld – Das Foyer der Erich-Kästner-Schule ist genauso groß wie noch vor wenigen Wochen. Dieselben großen Fenster lassen das Sonnenlicht in die Eingangshalle fallen. Auch der Treppenaufgang ist an gleicher Stelle wie immer. Und doch hat sich der Charakter des Foyers vor den Osterferien grundlegend verändert. Wer die Schule heute betritt, begegnet einer lebendigen, virtuosen Atmosphäre. Dafür haben Schülerinnen und Schüler mit einem außergewöhnlichen Kunstprojekt gesorgt. Sie haben die fünf raumtragenden Säulen mit schätzungsweise 7.000 Mosaiksteinen verziert – und den herkömmlichen Eingangsbereich damit in eine Art ständige Kunstaustellung gewandelt.
„Unser Fokus als Förderschule liegt immer darauf, dass die Schülerinnen und Schüler über solche Projekte einen Bezug zur Schule herstellen“, sagt Schulleiter Jörg Geelen. Derartige Teilhabeinitiativen verwirklicht die Erich-Kästner-Schule regelmäßig: etwa bei der Gestaltung des Schulhofs oder mit der von den Schülern selbst organisierten Hygieneübersicht der Toiletten. „Mit dem Mosaikprojekt haben die Schüler nun etwas Bleibendes an ihrer Schule hinterlassen. Das ganze Kollegium ist sehr stolz auf sie“, sagt Geelen bei der offiziellen Einweihung. Das Besondere beim Mosaikprojekt: Es hat komplexe, handwerkliche mit kreativ-künstlerischer Arbeit vereint. Dabei arbeiteten die Schüler äußerst eigeninitiativ und stärkten nebenbei ihr Selbstbewusstsein.
Begonnen hat alles mit einer Mosaik-AG vor eineinhalb Jahren. Hier tasteten sich die Schüler unter Anleitung von Lehrerin Anke Herbrecht-Bunk an den Umgang mit dem Material und die handwerklichen Grundfertigkeiten heran. Sie fertigten erste geometrische Formen aus Mosaiksteinen an, die die Wände eines Schulflures verschönern sollten. Die Arbeit in der AG begeisterte und motivierte die Schüler derart, dass sie ein größeres Projekt realisieren wollten. Über das Programm „Kultur und Schule“ des Landes NRW entstand der Kontakt zur Mosaikbauschule Dortmund, die der freischaffende Künstler Robert Kaller leitet. Der Bildhauer hat schon zahlreiche ähnliche Projekte mit seinem Team begleitet.
Kunstpädagogisches Projekt unter dem Motto „Farbmetamorphose“
Gemeinsam mit der Kunstschule entwickelte der 9. Jahrgang der Erich-Kästner-Schule Gestaltungsideen und prüfte deren Umsetzbarkeit. Die Grundidee war schnell ausgemacht: Die bislang eher schlicht gehaltenen Säulen sollten einen facettenreichen Mosaiküberzug bekommen. Das Leitmotto des kunstpädagogischen Projekts war die „Farbmetamorphose“. Über alle Säulen verteilt ist eine dynamische Entwicklung zu erkennen, sodass jedes einzelne Objekt einen ganz individuellen Charakter ausdrückt und in Gänze doch ein stimmiges Bild entsteht. Während eine Säule mit rötlichen, goldgelben Steinen einen wärmeren, in der Form aber eher ungeordneten Akzent setzt, kommt eine andere schon deutlich schematischer daher. In der nächsten Säule haben die Schüler wiederum ein Bildmuster eingebettet. „Das ganze Leben kann wie ein Mosaik betrachtet werden. Die richtigen Stücke müssen passend zusammengefügt werden. Die Säulen sind nun mit so viel guter und positiver Energie versehen, beleben die Schule und kennzeichnen deren Vielfalt“, meint der begleitende Mosaikkünstler Robert Kaller. „Es war toll zu beobachten, mit welcher Freude und Kraft die Schülerinnen und Schüler ihre eigenen Säulen entworfen haben.“
Die eigentliche handwerkliche Arbeit erledigten die Schüler in einer Woche kurz vor den Osterferien. Zunächst brachen sie die kolorierten Keramikfliesen aus Portugal und Italien in kleinere Stücke, dann setzten sie zum Feinschliff an. Mit dem Hammer oder der Zange passten die Schüler teils winzige Teile detailgenau an. Bevor die Mosaiksteine gesetzt werden konnten, wurden die Säulen grundiert und geschliffen. Anschließend mussten die Schüler die vorher abgesteckte Farb- und Formkomposition genau beachten und die Fugendichte einhalten. Die feingliedrige Projektarbeit verlangte hohe Konzentration ab. „Es war toll zu beobachten, wie die Schülerinnen und Schüler jeden Tag ihre handwerklichen Fähigkeiten erweitert und als Team mit hoher Ausdauer und Kreativität zusammengearbeitet haben“, sagt Lehrerin Anke Herbrecht-Bunk. „An jeder Säule lässt sich nun ein Stück von den Schülerinnen und Schülern selbst finden. So stiftet das ganze Projekt auch ein hohes Maß an Identifikation.“ Das jetzige Projekt soll nicht das letzte gewesen sein. Darin sind sich alle Beteiligten einig. Gerne möchte die Erich-Kästner-Schule öffentlichen Einrichtungen in Krefeld ihre Hilfe für Mosaikprojekte anbieten. Interessierte können sich dazu unter Telefon 0 21 51 / 15 99 00 melden.
Städtische Förderschule mit drei Schwerpunkten
Die Erich-Kästner-Schule ist eine städtische Förderschule mit den Schwerpunkten Lernen, emotionale und soziale Entwicklung sowie Sprache mit derzeit 235 Schülerinnen und Schülern. Zentrale Aufgabe ist die individuelle sonderpädagogische Unterstützung für jedes Kind, die Vernetzung und Kooperation mit der Bildungslandschaft Krefeld sowie die Beratung bei Fragen zur sonderpädagogischen Förderung. Die Schülerinnen und Schüler können den Abschluss im Bildungsgang Lernen oder den Hauptschulabschluss erwerben.