Krefeld – In deren Fokus steht das Thema „Hör- und Sehsinn“ mit Beiträgen aus den Kunst-, Kultur- und Geschichtswissenschaften, der Psychologie und Neurowissenschaften sowie aus naturwissenschaftlichen und technischen Disziplinen. Sylvia Martin, stellvertretende Leiterin der Kunstmuseen Krefeld, wird dort über „On Air. Der Klang des Materials in der Kunst der 1950er bis 1970er Jahre“ sprechen. Die gleichnamige Ausstellung wurde von Herbst 2022 bis zum Frühjahr 2023 im Kaiser-Wilhelm-Museum gezeigt. Martin widmete sich dabei in einer Krefelder Ausstellung erstmals explizit der Macht der Klänge und Geräusche. Zahlreiche zu sehende Objekte stammten aus dem eigenen Bestand. Diverse Leihgaben kamen aus dem Ausland, unter anderem vom Kooperationspartner der Ausstellung, dem Museum Tinguely.
Neue Klänge und Geräusche in der Kunst
In den 1950er-Jahren kam Bewegung in die Kunst. Einige Künstler begannen Materialien und Dinge zu erproben, die bislang nicht im Kunstkontext anzutreffen waren. Akustische Klänge, Sound, Geräusche wurden so als plastisches und zugleich zeitliches Material betrachtet und eingesetzt. Der Schweizer Künstler Jean Tinguely (1925-1991) verwendete beispielsweise Teile der Mechanik eines Eisenbahnübergangs. Er schuf aus diesen Elemente ein neues Objekt, mit dem er einen durchdringenden Bing-Ton erzeugte, der an eine Bahnschrankensituation erinnerte. Das Objekt wurde als Leihgabe des Museums Tinguely 2022/2023 auch in Krefeld gezeigt. Sein extrem lauter Bing-Ton schallte dabei unüberhörbar durch die Säle des Kaiser-Wilhelm-Museums. Als weitere Leihgabe aus Basel faszinierte „Le Chant du Cygne du Bambou“ (1963) die Besucher.
Jean Tinguely und seine Skulptur „Olympia“
In der Sammlung der Kunstmuseen Krefeld befinden sich mehrere Werke des Schweizer Künstlers Jean Tinguely, am bekanntesten ist sicherlich seine Skulptur „Olympia“ (1960). Diese zählt zu den ersten Arbeiten, mit denen sein Werk eine wichtige Veränderung vollzog. Mit gleich gesinnten Künstlern, unter anderem Yves Klein, gehört er zur neuen Gruppe der „Nouveaux Realistes“ (Neuen Realisten). Ihr Anliegen war das Bemühen um eine neuartige Wahrnehmung und künstlerische Aneignung der Realität. Dazu gehörte auch die Einbeziehung von Fragmenten alltäglicher Gebrauchsgegenstände in ihre Arbeit. Bei Tinguely wurde dieser Wandel im September 1960 in Krefeld bei seiner ersten Museumsausstellung „Maschinenbilder und Maschinen“ deutlich sichtbar. Die Ausstellung war einerseits ein Rückblick auf seine kinetischen Experimente von 1954 bis 1959 und präsentierte andererseits eine große Gruppe aktueller Arbeiten. In einem Brief kündigte der Schweizer dem damaligen Museumsdirektor Paul Wember neue Maschinen – wie die Skulptur „Olympia“ – an, die in Bewegung ein unerwartetes neues Leben erhalten.