Krefelder Schulen: Mediation für Kinder aus Südosteuropa

Mediation stützt Kinder aus Südosteuropa an fünf Krefelder Schulen. Das Kommunale Integrationszentrum der Stadt koordiniert die Projekte.

Krefeld – Nicht mal der elektronische Schulgong kommt gegen die neu geschöpfte Motivation an. Wenn Judit Adam mit den Kindern an der Regenbogenschule die Aufgabenzettel bearbeitet, möchten die jungen Schülerinnen und Schüler häufig gar nicht in die Pause. „Anfangs sind sie sehr verschlossen. Doch das ändert sich mit der Zeit. Die Kinder öffnen sich und fassen allmählich Vertrauen in sich, aber auch zu mir“, erzählt Adam. Seit August ist sie Schulmediatorin an der Regenbogenschule in Lehmheide. Judit Adam betreut und unterstützt hier Kinder aus Südosteuropa, die meisten von ihnen kommen aus Rumänien.

Ihre Integration falle bisweilen schwer, erklärt Adam. Viele verlassen die Heimat in jungen Lebensjahren. Oft fehlt ein Bildungsfundament, weil die Kinder etwa keine Kindertageseinrichtung besucht haben. Wesentliche Vorkenntnisse und Bindungskontakte bleiben aus. Das wiederum wirkt sich auf die Sprache aus. Häufig sind auch die familiären Situationen herausfordernd, was mitunter in hohen Fehlzeiten mündet. „Die Kinder kommen mit einem großen Rucksack an Problemen in die Schule“, sagt Judit Adam. Sie fängt die Kinder auf.

Die Mediation ist Teil des Landesprogramms „Vast vasteste – Hand in Hand in NRW“, das sich auf neu zugewanderte Kinder aus Südosteuropa ausrichtet. Das übergeordnete Ziel ist es, die Bildungschancen benachteiligter junger Roma über die Bildungsmediationen nachhaltig zu verbessern. Die schulische Unterstützung begünstigt zudem auch die Lebenssituationen außerhalb der Schule. In Krefeld begann die erste Schulmediation im Juni 2024 an der Brüder-Grimm-Schule. Zum laufenden Schuljahr sind die Mariannen- und Regenbogenschule ins Projekt eingestiegen. Das Konzept: Zweimal pro Woche sind die Mediatoren an ihren Schulen tätig. Dabei befinden sie sich im engen Austausch mit einer sogenannten Tandemlehrkraft, die das Bindeglied zwischen Schule, Kindern und Mediatoren ist.

Neben dem Landesprogramm gibt es in Krefeld auch das Pilotprojekt „Krefelder Schulmediation“, das der Verein Sozialwerk Krefelder Christen als Träger begleitet. Hier profitieren die Buchenschule und die Kurt-Tucholsky-Gesamtschule von der Mediation.

Beide Mediationsprojekte begleitet und organisiert das Kommunale Integrationszentrum (KI) der Stadt Krefeld mit Ayse Canbeyogullari als Koordinatorin und Sabine Andersen als abgeordnete Lehrerin. Mediatorinnen wie Judit Adam arbeiten als Honorarkraft. Adam kam vor 13 Jahren nach Deutschland, spricht Ungarisch, Rumänisch und Deutsch. Die gelernte Buchhalterin und Floristin war bereits ehrenamtlich als Sprachlotsin tätig. Sie weiß: „Nur wer Deutsch spricht, findet sich im Alltag zurecht, das gilt für die Schule umso mehr.“

Die Mediatorin erhält an der Regenbogenschule Arbeitsmaterial von den Lehrkräften und geht dann in Einzelarbeit mit den Kindern. Dabei spricht sie meistens Deutsch. Sie wechselt nur ins Rumänische, wenn es wirklich notwendig ist. Ihr ähnlicher biografischer Hintergrund und die gleiche Sprache legen die Grundlage für eine vertrauensvolle Beziehung. Judit Adam ist für alle zwölf Klassen an der Regenbogenschule da. Den größten Bedarf haben die Jüngsten. Der Druck in einer normalen Klasse, gegebenenfalls mit erheblichen Sprachbarrieren, weicht hierbei einem angenehmen Lernrahmen. „Die Kinder brauchen Zeit und viele, viele Wiederholungen. Beides kann ich ihnen geben“, erklärt Judit Adam.

Nach gerade einmal drei Monaten spürt Jessica Martini maßgebliche Fortschritte. Sie ist die Tandemlehrkraft an der Regenbogenschule und steht im engen Austausch mit Judit Adam. „Das Projekt wirkt ungemein. Die Kinder sind binnen kürzester Zeit viel motivierter und selbstständiger geworden. Auch der Kontakt zu den Eltern hat sich erhöht. Das wirkt sich spürbar positiv auf das Problem der Schulabstinenz aus“, sagt Jessica Martini. Ohnehin sei die Elternarbeit sehr wichtig.

Auch hierbei unterstützt Judit Adam, begleitet das Lehrpersonal zu Elterngesprächen oder Hausbesuchen. „Judit nimmt eine tolle Rolle als Vermittlerin ein“, so Jessica Martini. „Sie entlastet uns großartig und ist den Kindern eine echte Bezugsperson geworden.“

Trotz der merklichen Erfolge von „Vast vasteste“ muss das Projekt nach jetzigem Stand zum Ende des Jahres eingestellt werden. Die Förderung für die Zielgruppe Südosteuropa seitens des Landes läuft aus. „Es ist sehr bedauerlich, dass die Landesmittel, die das Projekt finanzieren, ab dem nächsten Jahr nicht mehr zur Verfügung stehen. Insbesondere bei einem derart wirksamen wie wichtigen Projekt, das genau an der richtigen Stelle ansetzt“, sagt Andreas Pamp, Leiter des Fachbereichs Migration und Integration. Die Stadt Krefeld sucht derzeit nach alternativen Lösungen. Ob es gelingen könne, diese wichtige Unterstützung fortzusetzen, sei derzeit aber noch ungewiss, so Andreas Pamp.

Judit Adam möchte sich von der unklaren Zukunftsaussicht nicht beirren lassen. „Ich habe die Kinder mittlerweile sehr in mein Herz geschlossen. Da ist eine große Vertrauensbasis entstanden, die man nicht einfach kappen kann“, sagt sie. Letztens, erzählt Judit Adam, habe sie ihren Namen auf der Straße gehört. Als sie sich umdrehte, sah sie eine ihrer Schülerinnen. Sie zeigte ihrer Mutter stolz ihre große Bekannte aus der Regenbogenschule.

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