Krefeld: BIWAQ bringt Menschen in Beschäftigung

Wer sich hier meldet, hat die größte Hürde bereits überwunden. Denn die Zielgruppe des BIWAQ-Teams in der Kommunalen Zentralstelle für Beschäftigungsförderung der Stadt Krefeld läuft meistens unter dem Radar.

Krefeld – Es sind hauptsächlich Langzeitarbeitslose, alleinerziehende oder auch neu zugewanderte Menschen mit Sprachbarrieren. Diese Personen tragen akute, wenngleich auch sehr verschiedenartige Probleme mit sich. Sie benötigen insbesondere in beruflicher Hinsicht dringend Hilfe. „Häufig bringen die Menschen ein großes Paket an vordringlichen Problemen mit, sind überfordert mit familiären oder täglichen Strukturen oder können sich um wichtige Lebensbereiche nicht mehr kümmern. Wir fangen sie auf und schaffen gemeinsam Ordnung. Durch die Beratung möchten wir die gesellschaftliche Teilhabe für die Menschen aus Dießem/Lehmheide erhöhen“, sagt Agathe Franke von der Zentralstelle für Beschäftigungsförderung.

Quartiersprojekt teilt sich in zwei Handlungsfelder

BIWAQ ist das Akronym für „Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier“. Übergeordnetes Ziel ist die nachhaltige berufliche Integration von Menschen in überaus herausfordernden Lebenslagen und die Stärkung der lokalen Ökonomie, beides bezogen auf die Gebietskulisse Dießem/Lehmheide. Diese zwei Handlungsfelder teilen sich die Krefelder Beratungsstelle des Fachbereichs Jugendhilfe und Beschäftigungsförderung einerseits und Hartmut Rohrmann von Krefeld Business auf der anderen Seite. Er betreut den zweiten, wirtschaftstragenden Strang. Jegliche Unterstützungsangebote sind freiwillig, niedrigschwellig und kostenlos. Einzig beim Alter gibt es eine Bedingung: BIWAQ adressiert Menschen ab 27 Jahren. Das Projekt finanziert sich aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF Plus), des Bundesbauministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen sowie aus Eigenmitteln der Stadt. In Krefeld läuft es offiziell unter dem Titel „Bunt und innovativ im Quartier – Krefeld Süd“. Es begann im Oktober 2023 und ist bis Mitte 2026 befristet. Die administrative Projektleitung liegt bei der Koordinierungsstelle für Gemeinwesenarbeit.

Die Beratungsstelle BIWAQ begleitet aktuell rund 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf der Suche nach Arbeit, Ausbildungen, Qualifizierungen – und ganz grundsätzlicher Stabilität. Sie vereinbaren mit ihren Bezugspersonen einen groben Plan und legen kleinschrittige Etappenziele fest. Etwa 20 Prozent der Projektteilnehmenden können durch die Beratung im ersten Handlungsfeld in eine Beschäftigung vermittelt werden. 40 Prozent blicken auf eine deutlich erhöhte Beschäftigungsfähigkeit. „Bevor eine berufliche Perspektive überhaupt ins Feld der Wahrscheinlichkeit rückt, muss eine äußerst intensive Vorarbeit geleistet werden. Vor diesem Hintergrund sind die Zahlen als achtbarer Erfolg einzuordnen“, erklärt Guido Trappmann, Leiter der Kommunalen Zentralstelle für Beschäftigungsförderung.

Vielschichtige Problemlage bei den Teilnehmenden

Die Anliegen sind so unterschiedlich wie die Klienten selbst. Die Mehrzahl benötigt einen Job und Hilfe bei ihren Bewerbungen. Andere haben Schwierigkeiten mit ihrem Wohnraum, ihren Finanzen oder behördlichen Anträgen. Die Beratungsstelle vermittelt zudem in Sprachkurse, begleitet Eltern zur Schule und wiederum andere Teilnehmende zur Schuldnerberatung. Die Fachkräfte von BIWAQ bieten niederschwellige Angebote im Rahmen von offenen Sprechstunden, anlassspezifischen Veranstaltungen und Elterncafés in Kooperation mit Kindertageseinrichtungen und Schulen in Dießem/Lehmheide an, um Ratsuchende in ihrem Sozialraum zu erreichen.

„Wir versuchen, in unserer Beratung einen ganzheitlichen Blick herzustellen, sehen nicht nur das Arbeitsfeld, sondern auch das Drumherum. Dabei nehmen wir den Druck, der ohnehin schon auf den Personen lastet, weitmöglich heraus. Nur so lässt sich ein Fundament aufbauen, das nachhaltige und langfristige Perspektiven schafft“, erklärt Agathe Franke. Dennoch: Eine allumfassende Aufgabenübernahme gewährleistet BIWAQ nicht, dies wäre kontraproduktiv. „Die Teilnehmenden sollen lernen, wie sie die Herausforderungen künftig eigenständig bewältigen können“, sagt Franke. Um Doppelstrukturen zu vermeiden, hat die Kommunale Zentralstelle für Beschäftigungsförderung BIWAQ in ihrem Handlungsbereich explizit ergänzend zu den Angeboten ihrer Netzwerkpartner wie dem Jobcenter und der Arbeitsagentur konzipiert.

Seit einigen Monaten ist Fatima (Name geändert) im Projekt angebunden. Gemeinsam mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern ist sie vor wenigen Jahren nach Deutschland gekommen. In ihrem Heimatland hat Fatima Lehramt studiert und lange als Lehrerin gearbeitet. Die Familie steckt in einer angespannten finanziellen Situation. Manchmal wissen Fatima und ihr Mann kaum, wie sie die Miete bezahlen sollen, obwohl er in Vollzeit beschäftigt ist. Ihr jüngstes Kind muss Fatima zu Hause betreuen. Das ältere hat Schwierigkeiten in der Schule, braucht Freizeitaktivitäten, die seine Eltern sich nicht leisten können. Zugleich sehnt Fatima sich danach, endlich wieder zu arbeiten.

Zunächst die finanzielle Situation entschärft

Jana Rychlewski von der Stadt Krefeld unterstützt Fatima auf diesem Weg. In den ersten Wochen haben die beiden zunächst die finanzielle Situation entschärft. Dass sie Recht auf Wohngeld und einen Kinderzuschlag hat, war der Familie nicht bewusst. Gemeinsam haben Jana Rychlewski und Fatima Behördengänge erledigt, Briefe beantwortet, sich um einen Kita-Platz beworben. Das älteste Kind hat durch die Beratung ein Nachhilfeinstitut und einen Sportverein gefunden. Schritt für Schritt konnten die beiden als kooperierendes Duo arg belastende Herausforderungen der Familie abbauen. Nun feilen sie an Fatimas beruflicher Zukunft, schreiben Bewerbungen und suchen nach einem passenden Job. Auch die Zeugnisse aus Fatimas Heimatsland sind nunmehr anerkannt. Einen Wunsch hat sie: Sie möchte wieder mit Kindern arbeiten, wie früher. Vor wenigen Monaten kam ihr das noch wie ein fernliegender Traum vor. Durch BIWAQ hat sich dieser Traum allmählich zu einer realistischen Perspektive gewandelt.

Das Team von BIWAQ aus dem Handlungsfeld der nachhaltigen Beschäftigung ist erreichbar unter Telefon 0 21 51 / 86 34 71 oder via E-Mail an biwaq5@krefeld.de. Alle zwei Wochen findet im Quartiersbüro Lehmheide (Gladbacher Straße 205) dienstags von 9 bis 11 Uhr ein offenes Beratungscafé statt. Anmeldungen sind hierfür nicht erforderlich.

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