Krefeld – Vom ersten Krefelder Seifenkistenrennen erfuhr er aus der Volksschule. Gemeinsam mit seinem Freund Heinz Ackermann werkelte er fortan wochenlang an einer Seifenkiste im Eigenbau. Am Renntag selbst mussten die beiden den Startplatz unter sich auslosen. Nieskens hatte Glück und rauschte den Hülser Berg hinunter. Danach ist er nie wieder in einer Seifenkiste gefahren. Das möchte er nun ändern. Peter Nieskens, 87 Jahre alt, hat sich für das Krefelder Seifenkistenrennen am 25. August angemeldet.
Wenn Nieskens heute an das erste Krefelder Seifenkistenrennen zurückdenkt, schildert er in scharfen, detaillierten Erzählungen. „Die ganze Strecke war von oben bis unten voll mit Zuschauern. Das war für uns damals ein riesiges Ereignis. Zur damaligen Zeit gab es ja nicht sonderlich viele Freizeitmöglichkeiten“, sagt Nieskens. Gleichwohl erinnert er sich auch noch an die Ernüchterung, die ihn und seinen Freund Heinz Ackermann am Hülser Berg kurz vor Rennbeginn erfasste. Sie staunten über die vielen professionellen, teils mit Aluminium-Verkleidung und echten Rennrädern ausgestatteten Fahrzeuge. „Das war allerdings gegen die Auflagen, die damals wirklich sehr streng waren“, erzählt Peter Nieskens. An die strikten Bauvorgaben für die Seifenkisten hatten er und sein Freund sich penibel gehalten. So durften die Reifen etwa kein Kugellager haben. Nieskens und Ackermann montierten Kinderwagenräder an ihre Kiste. Sie tüftelten nach der Schule in einer Traarer Schreinerei an der Fahrzeugachse oder der besonders herausfordernden Lenkung. Gegen die zahlreichen glänzenden Fahrzeuge der anderen kam die hölzerne Seifenkiste im Eigenbau eher spartanisch daher. „Wir waren schon ein bisschen enttäuscht, dass die anderen Kisten starten durften. Wir hatten keine Chance“, sagt Nieskens heute lachend. „Aber das war egal. Ich bin heile unten angekommen und wir waren mächtig stolz auf uns.“
Die Erstauflage des Krefelder Seifenkistenrennens lockte eine Schar an begeisterten Zuschauern an den Hülser Berg. Am Startpunkt waren zwei Rampen nebeneinander aufgestellt, sie gaben den Fahrern den nötigen Anfangsschub, bevor sie mit ihren Kisten die Strecke hinunterrasten. Das Seifenkistenrennen avancierte in Krefeld fortan zu einer populären Sommerveranstaltung. In den 70er-Jahren dann wurde es allerdings eingestellt, bis der Fachbereich Jugendhilfe der Stadt Krefeld das Rennen 1998 neu etablierte. Die Strecke am Hülser Berg ist seit jeher die gleiche. Die „Neuausgabe“ feiert in diesem Jahr 20. Jubiläum. Als Peter Nieskens davon erfuhr, überkam ihm der verwegene Gedanke, doch noch einmal in einer Seifenkiste zu starten. „Ich habe keine Angst. Im Gegenteil: Ich freue mich auf dieses Erlebnis“, sagt der autobegeisterte Nieskens. Einen Integralhelm hat er sich bereits von seinem Enkel ausgeliehen. Nur auf die Rampe, sagt Nieskens grinsend, könne er ja diesmal verzichten.
Peter Nieskens blickt auf ein bewegtes Leben. Neben seinem Haus in Traar liegt der Bauernhof, den sein Großvater vor 120 Jahren gebaut hat. Hier wurde Nieskens 1937 geboren. Nie in seinem Leben hat er woanders gewohnt. Schon als Jugendlicher musste er dem Vater in der Landwirtschaft helfen, machte sich später dann als Immobilienmakler selbstständig. Heute teilt er sein Leben mit seiner Partnerin Doris Bauerfeld. Beide kennen sich seit Jahrzehnten, hatten mit ihren Ehepartnern benachbarte Ferienhäuser an der Costa Brava. Als Nieskens Frau und Bauerfelds Mann vor wenigen Jahren starben, haben sie zueinander gefunden. Sie reisen und lachen viel. Nieskens malt, er golft, mittlerweile hat er zwei Urenkel. Vor ein paar Jahren hat er sich einen Lebenstraum erfüllt und ein PS-starkes Auto gekauft. Was Peter Nieskens nicht mag, ist Ruhe oder Stillstand. Er macht nur noch Dinge, die ihm Freude bereiten. Und deshalb öffnet er sich nach 73 Jahren Pause nun auch noch einmal dem Abenteuer Seifenkistenrennen.
Das Krefelder Seifenkistenrennen findet mittlerweile alle zwei Jahre statt und richtet sich vorwiegend an Zehn- bis 27-Jährige, Erwachsene können außerhalb der Wertung teilnehmen. Das Rennen ist in zwei Kategorien unterteilt: Während es bei der Speed-Wertung um die Geschwindigkeit geht, steht bei der Jux-Wertung die kreative Gestaltung der Wagen im Vordergrund. Vor dem Rennen müssen sich alle Fahrzeuge einem Sicherheitscheck unterziehen. Zudem ist für die Fahrerinnen und Fahrer ein Integralhelm obligatorisch. Denn die Kisten werden auf der 500 Meter langen und mit einer S-Schleife versehenen Strecke bis zu 60 Stundenkilometer schnell. Anmeldungen für das 20. Krefelder Seifenkistenrennen sind noch in dieser Woche möglich unter www.krefeld.de/familienportal/inhalt/seifenkistenrennen. Das dort zum Download stehende Dokument kann ausgefüllt postalisch an die Stadtverwaltung oder per E-Mail an melanie.ungerechts@krefeld.de geschickt werden.