Arthur Winkler – der vergessene Künstler aus Krefeld

Der Deuß-Tempel am Weiher des Krefelder Stadtwalds ist als romantischer Ort bekannt. Der 1913 errichtete kleine Rundbau erinnert an den Stifter des Parks, Wilhelm Deuß.

Krefeld – Er schenkte der Stadt anlässlich seines 70. Geburtstages im Jahr 1897 ein Waldstück von 35 Hektar aus dem Bockumer Busch, das mit Wegen, Plätzen, Wiesenflächen, Weihern und Neuanpflanzungen zu einem zentral gelegenen Erholungsgebiet umgestaltet wurde. Deuß‘ Konterfei sehen Besucherinnen und Besucher im Innern des Tempels. An der Rückwand hängt eine von Arthur Winkler geschaffene Bronzeplatte, die im Hochrelief das Porträt des Stifters zeigt. Während Deuß so stets in Erinnerung gehalten wird, ist der Künstler Arthur Winkler in Vergessenheit geraten. Er wurde vor 160 Jahren, am 17. Februar 1865, in Krefeld geboren.

Werke in mehreren Museen

Seine berufliche Entwicklung führte Winkler in einen für Krefeld typischen Zweig: Er wurde Seidenkaufmann. Bereits mit 25 Jahren gründete er in seiner Geburtsstadt eine eigene Seidenagentur. Seine künstlerische Ader soll eher zufällig bekannt geworden sein. Er besaß ein Talent zum Modellieren, das der Krefelder Künstler Arthur Wansleben bei dem damals 27-Jährigen entdeckte und förderte. Einige Kunsthandwerker einer hiesigen Firma, es handelte sich wohl um die Zinngießerei Kayser (Kayserzinn) in Oppum, führten Winkler zudem in den Gebrauch von Werkzeugen und Materialien ein. Eine akademische Kunstausbildung ist nicht bekannt, und so wirkte er als Autodidakt. Um 1900 richtete er sich ein Atelier an der St.-Anton-Straße 184 ein. Seine Arbeiten waren so gut, dass er 1904 eine Ausstellung im Kaiser-Wilhelm-Museum zeigte, die „von der Kritik einhellig gerühmt wurde“. Auch in anderen Museen, wie in Düsseldorf und Köln, wurden seine Werke präsentiert, so nachzulesen in einem Bericht anlässlich seines 70. Geburtstages im Krefelder Jahrbuch „Die Heimat“, Jahrgang 14.

In Krefeld hat Winkler mindestens zwei Werke hinterlassen. Die Mehrzahl seiner Arbeiten gilt jedoch als verschollen. Oft bildete er Krefelder Persönlichkeiten ab. Neben dem Relief von Wilhelm Deuß im Stadtwald existiert auf einem privaten Grundstück am Rennsteig 3 auf dem Hülser Berg noch ein Bismarck-Denkmal. Das Porträt des einstigen Reichskanzlers Otto von Bismarck ist eingefasst in einen Felsblock. Die Bronzetafel stammt aus dem Jahr 1902. Weitere Werke von Winkler finden sich eher vereinzelt bei Kunstauktionen. So wurden im vergangenen Jahr in einem Auktionshaus in Mecklenburg-Vorpommern zwei Arbeiten angeboten: eine Reliefplatte mit dem evangelischen Pfarrer Carl Starck (1910) und eine Bronzeplatte mit Rudolf Siegel (1928). Der Vater des Komponisten Ralph Maria Siegel (Ein bisschen Frieden), Rudolf Siegel, hat in Krefeld als städtischer Generalmusikdirektor von 1919 bis 1931 gearbeitet. Die beiden Bronzegüsse sind von Winkler signiert. Eine Skulptur eines Bronzegießers wurde 2015 in Schweden versteigert. Im Krefelder Jahrbuch „Die Heimat“, Jahrgänge 14 und 44, werden diverse Arbeiten aufgeführt, die im Rathaus und im Heimatmuseum hingen. Dort wird Winkler als „stiller, liebenswürdiger Künstler“ bezeichnet, der sich auch vielfältig in der Krefelder Gesellschaft engagierte. Insgesamt finden sich jedoch nur spärliche biographische Angaben.

Krefelder Plaudereien in der „Heimat“

Arthur Winkler schrieb auch Mitte der 1920er-Jahre selbst Beiträge im Krefelder Jahrbuch „Die Heimat“: eine Reihe mit dem Titel „Plaudereien über Alt-Krefelder Verhältnisse“. Dabei wanderte er durch die Stadt und vermischte eigene Beobachtungen und Erinnerungen mit Erzählungen und Anekdoten Dritter – und überlieferte so historische Details, die ansonsten verlorengegangen wären, wie die sogenannten „Stupp“. Das sind runde Kieselsteine nebeneinander in Ei-Größe in die Erde eingelassen, die in Gänze als Bürgersteig in der Stadt dienten. Hinzu kamen an den Bürgersteigen die „Dörpel“, eine Stufe zu den Häuser. Beides bildete für Betrunkene eine fatale Kombination: Sie versuchten den „Dörpel“ auf dem oftmals glatten „Stupps“ in „immer weiteren“ Bögen auszuweichen, was häuft im Abwassergraben neben dem Bürgersteig endete.

Oder Winkler schrieb über Dr. Josef Olivier Massot, Rechtsanwalt, Poet, Sprachlehrer und Gartenfreund. Dieser erwarb Anfang des 19. Jahrhunderts ein Areal an der Uerdinger Straße (damals Uerdinger Landstraße), den heutigen Sprödentalplatz. Dort ließ Massot einen Park mit Fischweihern angelegen, in dem er unter anderem Spargel und Wein anbaute. Im August 1820 wollte oder musste er sich von seinem Sprödental – die Bezeichnung in Anlehnung an ein Zitat des römischen Dichters Zitat geht auf Massot zurück – trennen. Er annoncierte den Verkauf beziehungsweise die Verpachtung und pries das Areal an, wie einen Garten, der ausschließlich dem Spargelanbau dient „und sowohl wegen der Ergiebigkeit des Bodens als auch der Vortrefflichkeit des Spargels die verdiente Berühmtheit erlangt hat“, zitiert Winkler die Zeitungswerbung. Weder Verkauf noch Verpachtung konnte Massot wohl erreichen. „1870 und auch in den späteren Jahren waren nur noch die Konturen des Teiches und die Insel festzustellen. Das ganze Gelände war wieder versumpft und öde, nichts erinnerte mehr an die einstige Herrlichkeit“, schildert Winkler.

Grab eines römischen Feldherrn

Auf diese Weise streifte Arthur Winlker in drei Teilen durch Krefeld, schrieb über den Alten Tiergarten, die Grotenburg, die Schockenburg (Haus Schönhausen) und das angebliche Hügelgrab eines römischen Feldherrn im Bockumer Busch, eine uralte Krefelder Sage – oder doch mehr. „Bei Abgrabung des Hügels stieß man zuerst […] auf festes Mauerwerk, wovon verschiedene gebrannte Steine den Stempel der 13. Legion trugen. Im Verlauf der weiteren Nachgrabung ergab sich, dass diese Mauer im Viereck erbaut war, in dessen Mitte tiefliegend ein steinerner Sarg gefunden wurde.“ Zudem wurden einige Grabbeigaben entdeckt, wie die Spitze eines Speeres. „Dieser Fund aus römischer Zeit blieb eine Zeitlang zu Jedermanns Ansicht in dem […] Bauernhof „Viol“ ausgestellt.“ Der steinerne Sarg ging dann in den Besitz von Issac de Greiff, der ihn im inneren Burghof in Linn aufstellte.

Weiter veröffentlichte Winkler 1926 im Selbstdruck ein Gedichtbändchen unter dem Titel „Klänge vom Niederrhein. Urwüchsiger Volkswitz, Frohsinn und Ernst in Gedichten und Reimen“. Ein wohl inzwischen seltenes Exemplar befindet sich im Bestand der Mediothek. Winkler selbst, Freunde und Bekannte trugen Geschichten zu diesem Band bei – alles mit einem starken Lokalkolorit. Mit 63 Jahren zog Winkler zu seiner Tochter nach Hamburg. Er arbeitete dort als Künstler nur noch für Freunde. 1944 starb er nach langer Krankheit in der Hansestadt.

 

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