Essen – Bis zum Jahr 2030 werden in Essen beispielweise – über die derzeit bestehenden Ausbildungskapazitäten hinaus – rund 1.000 weitere Erzieher*innen benötigt. Vor diesem Hintergrund hat der Rat der Stadt Essen im Juni 2023 eine umfassende Strategie beschlossen, die innovative Ansätze zur Fachkräftegewinnung und -bindung verfolgt.
Ein wichtiger Teil dieser Strategie ist das Essener Bündnis für Fachkräfte im Sozial- und Erziehungsdienst. Dieses wurde am vergangenen Freitag, 29. November, mit einer Unterzeichnung der Erklärung zum Bündnis durch Oberbürgermeister Thomas Kufen, Geschäftsbereichsvorstand Muchtar Al Ghusain, Philipp Hennen, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtsverbände Essen (AGW) und Pia Kötter, Geschäftsführerin des Arbeitskreis Jugend Essen (AKJ) ins Leben gerufen.
Gemeinsam aktiv Fachkräftemangel in Essen begegnen
„Der Fachkräftemangel ist ein landes- und bundesweites Thema und eine der größten Herausforderungen im Sozial- und Bildungsbereich für die Städte. Für uns hier in Essen ist klar, dass wir selbst aktiv werden müssen, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Das gelingt nur gemeinsam und in enger Abstimmung mit den Verbänden und Trägern in unserer Stadt. Ich freue mich sehr, dass diese Zusammenarbeit – die sich in der Praxis bereits an vielen Stellen etabliert hat – heute durch die gemeinsame Unterzeichnung der Erklärung zum Essener Bündnis für Fachkräfte im Sozial- und Erziehungsdienst weiter gestärkt wird“, so Oberbürgermeister Thomas Kufen bei der Unterzeichnung.
Philipp Hennen, Sprecher der AGW, betonte: „Wir begrüßen das gemeinsame Vorgehen und sehen uns als Verantwortungsgemeinschaft für die Ausbildung, Gewinnung und Bindung von Fachkräften in unserer Stadt. Das Bündnis wird mit wichtigen Impulsen unsere Zusammenarbeit vorantreiben.“ Die Träger der AGW in Essen haben zusammen rund 25.000 Beschäftigte in rund 700 Einrichtungen in Bildung, Gesundheit und Pflege.
Schwerpunkte des Bündnisses
Muchtar Al Ghusain, Geschäftsbereichsvorstand für Jugend, Bildung und Kultur der Stadt Essen, erklärte: „Wir müssen ein breites Spektrum von Arbeitsfeldern in den Blick nehmen, von den Kindertageseinrichtungen über die Heimerziehung und die Offene Ganztagsschule (OGS) bis hin zur Offenen Kinder- und Jugendarbeit. Mit dem Bündnis haben wir uns darauf verständigt, dass wir in einem ersten Schritt die Erhöhung der Aus- und Weiterbildungskapazitäten, die Gewinnung neuer Zielgruppen, eine stärkere Repräsentation dieser Arbeitsfelder in der Berufsorientierung und Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität dieser Berufsfelder in den Blick nehmen.“ Hierzu werden die Beteiligten gemeinsame Maßnahmen entwickeln und umsetzen. Zur Begleitung und Unterstützung dieser Aktivitäten wurde im Jugendamt die Task-Force Fachkräfte ins Leben gerufen, die den Beteiligten auch die notwendigen Informationen zur Verfügung stellt und deren Vernetzung unterstützt.
„Mit dem Bündnis für Fachkräfte sind wir auf einem guten Weg“, davon ist auch Pia Kötter, die Geschäftsführerin des AKJ, dem Zusammenschluss der Essener Jugendverbände, überzeugt. „Die Offene Kinder- und Jugendarbeit ist beispielsweise in den vergangenen Jahren in der Ausbildung etwas aus dem Blick geraten, das müssen wir ändern. In unseren Einrichtungen sind überdurchschnittlich viele junge Kolleginnen und Kollegen aktiv, denen wir mittel- und langfristig eine Perspektive hier in Essen bieten wollen.“
Menschen im Mittelpunkt
Von den Auswirkungen des Fachkräftemangels sind häufig gerade Kinder, Jugendliche und Familien in prekären Lebenslagen besonders betroffen. Das wird am Beispiel der Heimerziehung besonders deutlich, die für die dort lebenden Kinder und Jugendlichen zeitweise die Familie ersetzt. Deshalb kann eine solche Einrichtung bei Personalausfall auch nicht geschlossen werden.
Gleichzeitig ist die Arbeit im Heim für Estelle Kral als Erzieherin bei der Caritas-SkF-Essen gGmbH besonders interessant: „Ich unterstütze und begleite die Kinder und Jugendlichen täglich intensiv bei ihrer eigenständigen Lebensplanung und auf ihrem Lebensweg. Das macht mir viel Spaß und Freude! Und wenn die Arbeit gelingt, dann blühen die jungen Menschen auf wie ein Baum. Das ist toll zu sehen.“ Sie war ebenso wie Nils Felderbauer, ein Erzieher der für die Stadt Essen arbeitet, bei der Bündnisunterzeichnung mit dabei. Beide sind Quereinsteiger*innen in den Beruf und haben zuvor in einem anderen Job gearbeitet. „Ich möchte eine sinnvolle Tätigkeit ausüben und mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. Deshalb habe ich mich für die Arbeit als Erzieher entschieden“, so Felderbauer, der davor im Handwerk gearbeitet und gerade seine Erzieherausbildung abgeschlossen hat. Sie sind gute Beispiele dafür, wo die Reise des Bündnisses hinführen kann: zur Gewinnung neuer Interessierter für die Arbeitsfelder im Erziehungsdienst.