Krefeld – In diesem Jahr werden in Krefeld rund 2.000 Kinder neu eingeschult. Der Übergang von der Kindertageseinrichtung (Kita) in die Grundschule birgt verschiedene Herausforderungen. Die Kinder müssen eine große Anpassungsleistung erbringen, treffen auf neue Mitmenschen und finden ein neues Lernumfeld vor. Bei manchen Kindern entwickelt sich dabei eine Schulangst, die sogar dazu führen kann, dass schon Grundschulkinder nicht mehr zu Schule gehen wollen. Wichtig sei in diesen Fällen, frühzeitig zu reagieren, sagen Katrin Zellmer und Larissa Bens. Sie sind Psychologische Psychotherapeutinnen beim Psychologischen Dienst der Stadt Krefeld. In Fällen von Schulangst- oder Schulvermeidung steht diese städtische Familienberatungsstelle Krefelder Familien und pädagogischen Fachkräften mit kostenlosen, vertraulichen Hilfs- und Beratungsangeboten zur Seite.
Das Phänomen der Schulangst bei Grundschulkindern sei zwar kein neues, erklärt Larissa Bens. Allerdings beobachtet sie mit ihren Kollegen seit der CoronaPandemie einen spürbaren Anstieg dieser Fallzahlen. „Damals sind Lernfelder weggefallen, die Kinder konnten soziale Fertigkeiten nicht erproben und die Ängste insgesamt haben sich erhöht. Die Auswirkungen merken wir noch heute“, sagt Larissa Bens. Die Belastungssituation rund um die Einschulung kann sich bei Kindern mit psychosomatischen Symptomen wie Albträumen oder Bauchschmerzen äußern. Nicht immer können sie ihre Gefühle allerdings einordnen oder benennen. Daher ist es auch möglich, dass manche Kinder nach außen hin „funktionieren“, obwohl sie unter erheblichen Ängsten leiden.
Larissa Bens und ihre Kollegin Katrin Zellmer betonen jedoch, dass bei einem derartigen Entwicklungsschritt Aufregung und Sorgen prinzipiell völlig normal seien – bei Kindern und Eltern gleichermaßen. „Übergänge sind sensible Phasen mit zahlreichen Stressfaktoren, die uns allen erst einmal schwerfallen. Das gehört dazu und muss nicht zwangsläufig mit einem Krankheitsbild einhergehen“, erzählt Katrin Zellmer. „Grundsätzlich ist es zunächst einmal wichtig, Ruhe auszustrahlen, dem Kind die Aufregung zu nehmen und in einer Zeit des Umbruchs viele andere Alltagssituationen konstant zu halten.“ Zudem sei es bedeutsam, einen Raum für Emotionen zu schaffen und in regelmäßigen Gesprächen Verständnis für die Gefühle des Kindes zu zeigen.
Obwohl Schulangst/-vermeidung ein komplexes Themenfeld ist und vielschichtige Ursachen haben kann, gibt es für Familien mehrere Möglichkeiten, vorsorgend wie helfend zu handeln. So können Eltern etwa Positivgeschichten aus dem eigenen Schulleben erzählen und mit einem realistischen Bild von Schule irrationale Ängste der Kinder entkräften. „An sich sind die Einschulung und das Lernen mit neuen Mitschülerinnen und Mitschülern ja was sehr Positives. Auch das können Eltern bei den Kindern betonen“, sagt Larissa Bens. Darüber hinaus sind bald alltägliche Abläufe im Vorfeld trainierbar. Oft hilft es den Kindern, die innere Uhr vom Ferienauf den Schulmodus umzustellen, indem sie den Schlafrhythmus anpassen oder ein frühes, aber stressfreies Frühstück erproben. Das gemeinsame Packen der Schultasche – auch vor dem Schuljahresstart – fördert zudem Selbstständigkeit und -sicherheit. Und auch den Schulweg können Familien vorzeitig zusammen üben, zum Beispiel mit Nachbarskindern und künftigen Schulweggemeinschaften.
Häufig wird die Trennungssituation zwischen Eltern und Kind am Schuleingang zur besonders belastenden Problemsituation. „Auch für Eltern kann das Loslassen herausfordernd sein. Druck kann sich schnell aufs Kind übertragen. Wichtig ist es hier, die Abschiede zu besprechen“, sagt Katrin Zellmer. „Das kann man in anderen Situationen üben und den räumlichen Trennungsort später schrittweise ausweiten.“ Hierbei würden auch Rituale wie ein Abschiedsgruß oder eine „geheime“ Geste helfen, die den Abschied markieren. Ein gemeinsam ausgewählter Glücksstein oder eine liebevolle Gruß-Botschaft in der Brotdose als Mutmacher können weitere kleine Hilfsmittel auf dem Weg zu mehr Sicherheit in der Schule sein.
Generell, besonders aber in den kommenden Anfangswochen und –monaten, können betroffene Familien mit zum Beispiel Schulsozialarbeitenden, Klassenlehrern und Schulleitungen auch Akteure vor Ort einbinden. Oftmals entwickelt ein Kind ein besonderes Vertrauensverhältnis zu einer bestimmten Person in der Schule, die bei Startschwierigkeiten beistehen kann. Familien können sich auch an den Psychologischen Dienst wenden, wenn im Vorfeld des nahenden Schulstarts bereits Befürchtungen bei einem schulängstlichen Kind bestehen. In Beratungsgesprächen sondiert das Team um Katrin Zellmer und Larissa Bens zunächst die Situation. Anschließend verortet es mögliche Ursachen und zeigt individualisierte Lösungswege auf, nach Möglichkeit auch in Kooperation mit den Beteiligten in der Schule. Der Psychologische Dienst der Stadt Krefeld (Petersstraße 122, Eingang A) ist unter Telefon 0 21 51 / 36 32 67 0 und via Mail an psycholog.dienst@krefeld.de zu erreichen. Offene Sprechzeiten bietet die städtische Abteilung des Fachbereichs Schule, Pädagogischer und Psychologischer Dienst, montags von 9 bis 11 Uhr und donnerstags von 13 bis 15 Uhr an.