OLG Celle: Lebenslange Haft für Angehörigen von Todesschwadron aus Gambia

Wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit hat das Oberlandesgericht Celle einen ehemaligen Angehörigen einer Todesschwadron aus Gambia zu lebenslanger Haft verurteilt. Der Mann war wegen Mordes und versuchten Mordes angeklagt.

Wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit hat das Oberlandesgericht Celle einen ehemaligen Angehörigen einer Todesschwadron aus Gambia zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Gericht sprach den Mann am Donnerstag des Mordes und versuchten Mordes schuldig. Das Urteil ist weltweit das erste wegen derartiger Verbrechen nach dem Völkerstrafrecht in Gambia.

Das Gericht sah es demnach als erwiesen an, dass der Angeklagte Bai L. als Fahrer einer für illegale Tötungen eingesetzten Einheit des gambischen Militärs im Auftrag des damaligen Staatspräsidenten Yahya Jammeh zwischen 2003 und 2006 an drei Mordanschlägen beteiligt war. L. habe Mitglieder seiner Einheit zu solchen Liquidierungen gefahren und danach wieder weggebracht.

Bei einer dieser Taten starb ein Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP. Auch ein früherer Soldat und mutmaßlicher Gegner des gambischen Präsidenten wurde getötet, ein Rechtsanwalt überlebte einen Anschlag schwer verletzt.

Die Richter folgten mit ihrem Urteil dem Antrag der Bundesanwaltschaft. Die Verteidigung hatte Freispruch für den 48-Jährigen gefordert, der eine eigene Tatbeteiligung bestritt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig (Az.: 5 StS 1/22).

Das OLG stützte sich auf Zeugenaussagen und öffentlich zugänglichen Quellen wie von dem Angeklagten gegebene frühere Interviews. Darin schilderte er seine Tatbeteiligung im Details. Aussagen des Angeklagten, er habe die Interviews nur gegeben, um die Oppositionsbewegung in Gambia zu stärken, wertete das Gericht als Schutzbehauptung. Seine Aussagen zum Tatverlauf ließen darauf schließen, dass L. aus seiner Erinnerung heraus gesprochen habe, sagte der Vorsitzende Richter Ralf Günther. Die gambische Regierung ließ demnach ein Rechtshilfeersuchen unbeantwortet.

Der Angeklagte kam 2012 als Flüchtling nach Deutschland und wurde im März 2021 in Hannover festgenommen. Deshalb wurde vor dem OLG im niedersächsischen Celle verhandelt. Grundlage des Verfahrens ist das sogenannte Weltrechtsprinzip. Bestimmte Straftaten, darunter Verbrechen gegen die Menschlichkeit, werden in Deutschland auch dann verfolgt, wenn die Tat nicht hierzulande begangen wurden und keine Deutschen beteiligt waren.

Der Sohn des getöteten AFP-Journalisten, Baba Hydara, sagte nach dem Urteil am Rande des Prozesses in Celle, dies sei „ein wichtiger Tag“ für ihn und viele Familien in Gambia. Es könne aber erst der Anfang sein. Hauptziel sei es, „denjenigen zu fassen, der die Befehle erteilt hat“, sagte er der Nachrichtenagentur AFP.

Das westafrikanische Gambia wurde bis 2017 von Machthaber Yahya Jammeh regiert, in dessen 22-jähriger Herrschaftszeit kam es zu schwersten Menschenrechtsverletzungen. Laut Bundesanwaltschaft unterhielt Jammeh auch die als „Patrol Team“ oder „Junglers“ bezeichnete Todesschwadron, die sich aus Militärangehörigen zusammensetzte und zu der nach Auffassung des OLG auch L. gehörte. Jammeh floh Anfang 2017 aus dem Land, nachdem er die Präsidentschaftswahlen verloren hatte.
© AFP

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