Das Landgericht im niedersächsischen Lüneburg muss neu über das Strafmaß für eine verurteilte Anführerin der verbotenen Reichsbürgervereinigung Geeinte deutsche Völker und Stämme entscheiden. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe gab nach Angaben vom Dienstag dem entsprechenden Revisionsantrag des Generalbundesanwalts statt. Die von der Angeklagten angefochtene Verurteilung blieb aber bestehen.
Das Landgericht in Lüneburg hatte die Frau im November 2022 unter anderem wegen eines Verstoßes gegen ein Vereinsverbot zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt, weil sie die Strukturen der verbotenen Reichsbürgervereinigung in führender Funktion illegalerweise weiter betrieben hatte. Die Geeinten deutschen Völker und Stämme wurden 2020 vom Bundesinnenministerium verboten. Anhänger propagierten verfassungsfeindliche antisemitische und rassistische Ziele, bedrohten Amtsträger und planten die Errichtung eines eigenen Staatswesens.
Laut damaligen Feststellungen des Gerichts wollte die Gruppierung Menschen, die gemäß ihrer rechtsextremistischen Ideologie nicht „deutscher Abstammung“ waren, entrechten und vertreiben. Die damals 61-jährige Beschuldigte, die als „Generalbevollmächtigte“ und zudem ohne entsprechende Qualifikation als Rechtsanwältin auftrat, verfasste unter anderem Texte, in denen sie Juden und Muslimen den Status gleichberechtigter Gesellschaftsmitglieder absprach.
Der BGH bestätigte nach eigenen Angaben den grundsätzlichen Schuldspruch gegen die Rädelsführerin und hob lediglich den Rechtsfolgenausspruch wieder auf. Eine andere Kammer des Lüneburger Landgerichts muss daher erneut über die Strafzumessung entscheiden. Zusätzlich muss diese erneut auch über die Einziehung von Tatmitteln entscheiden, weil es hier Unklarheiten im Urteil gab.
Die Szene der sogenannten Reichsbürger und Selbstverwalter ist bundesweit aktiv. Sie besteht aus verschiedenen Gruppierungen sowie mehr oder weniger unorganisierten Einzelvertretern. Ihre Angehörigen sehen die Bundesrepublik nicht als legitimen Staat an und fühlen sich an Gesetze, Verwaltungsakte und Gerichtsentscheidungen vielfach nicht gebunden. Es gibt Überschneidungen mit den Szenen von Rechtsextremisten und Anhängern von Verschwörungsideologien. Mehrfach wurden bereits gewaltsame Umsturzpläne von Reichsbürgern aufgedeckt.
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