In Niedersachsen ist ein Mann wegen Hinweisen auf Anschlagspläne in der Weihnachtszeit festgenommen worden. Der 20-Jährige sei bereits am 21. November aufgrund eines „Gefährdungssachverhalts“ festgenommen worden und seitdem zur Gefahrenabwehr ununterbrochen in Polizeigewahrsam, bestätigte das Landeskriminalamt in Hannover am Freitag entsprechende Medienberichte. Nähere Hintergründe zu dem Fall nannten die Ermittler zunächst noch nicht.
Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) sagte dem Norddeutschen Rundfunk (NDR) am Donnerstag, der in Helmstedt gefasste Verdächtige habe „angekündigt, dass er Anschläge im Zusammenspiel von Großveranstaltungen in der Weihnachtszeit offensichtlich ausüben möchte“. Deshalb sei der Verdächtige „in Präventionsgewahrsam genommen“ worden.
Nach NDR-Informationen handelt es sich bei dem Festgenommenen um einen Islamisten, laut Behrens stammt der Verdächtige aus dem Irak.
Erst am Dienstag wurden zwei Jugendliche aus Nordrhein-Westfalen und Brandenburg wegen Vorbereitung eines Anschlags festgenommen. Laut Ermittlern sollen die Beschuldigten im Alter von 15 und 16 Jahren geplant haben, einen mit brennbaren Stoffen beladenen Kleinlaster auf einem Weihnachtsmarkt in Leverkusen zur Explosion zu bringen und Menschen zu töten. Sie sitzen in Untersuchungshaft.
Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang warnte derweil am Mittwoch öffentlich vor der akuten Gefahr islamistischer Anschläge in Deutschland. „Die Gefahr ist real und so hoch wie seit langem nicht mehr“, erklärte der Behördenchef. Ähnlich äußerte sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Beide verwiesen auf die Mobilisierung der islamistischen Szene durch den Krieg im Nahen Osten nach dem Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel.
Auch der Deutsche Städtetag geht nach eigenen Angaben von einer erhöhten Terrorgefahr in Deutschland aus und kündigte eine laufende Überarbeitung von Sicherheitskonzepten etwa für Weihnachtsmärkte an.
Der Schutz der Bürger „vor Anschlägen im öffentlichen Raum“ sei den Städten „ein zentrales Anliegen“, sagte dessen Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Aufgrund der Lage im Nahen Osten steigt die Terrorgefahr auch bei uns.“ ,“Die Menschen sollen sich auf Weihnachtsmärkten in unseren Städten wohl und sicher fühlen. Deshalb werden die Sicherheitsmaßnahmen regelmäßig überarbeitet“, sagte Dedy. Der Schutz vor Terrorgefahren könne allerdings „nie hundertprozentig sein“. „Wir können und wollen die Innenstädte nicht zu Festungen umbauen“, fügte er hinzu.
Der Nahost- und Islamismus-Experte Guido Steinberg forderte wegen der Bedrohung mehr Befugnisse für Sicherheitsbehörden. „Deutschland hat den vielleicht schwierigsten Teil der Terrorismusbekämpfung outgesourct: die Erstinformation auf eine Person zu erhalten, die möglicherweise Anschläge plant“, sagte Steinberg dem „Spiegel“.
„Diese Informationen kommen so gut wie nie von einer deutschen Sicherheitsbehörde, sondern in der Regel von den US-Amerikanern oder anderen ausländischen Diensten“, fügte er an. Diese könnten sich „bei der elektronischen Aufklärung viel freier bewegen“.
Deutsche Sicherheitsbehörden dagegen dürften dies nicht, es sei „politisch nicht gewollt ihnen mehr Befugnisse zur Überwachung zu geben“, sagte der Nahostexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin. Deutschland könne sich allerdings nicht darauf verlassen, „immer einen Tipp aus dem Ausland“ zu bekommen.
Am 7. Oktober waren hunderte Hamas-Kämpfer aus dem Gazastreifen nach Israel eingedrungen und hatten Gräueltaten überwiegend an Zivilisten verübt. Israelischen Angaben zufolge wurden etwa 1200 Menschen in Israel getötet und rund 240 Menschen als Geiseln verschleppt.
Israel bombardierte als Reaktion wochenlang massiv Ziele im Gazastreifen aus der Luft und vom Boden aus. Angaben der Hamas zufolge, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden seitdem mehr als 15.000 Menschen in dem Palästinensergebiet getötet, unter ihnen mehr als 6000 Kinder und Jugendliche.
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