Über die Auslieferung eines Türken an sein Heimatland zur Vollstreckung einer Haftstrafe muss neu entschieden werden. Eine Verfassungsbeschwerde des Manns hatte überwiegend Erfolg, wie das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe am Dienstag mitteilte. Das Braunschweiger Oberlandesgericht habe nicht ausreichend aufgeklärt, ob Maßnahmen ergriffen werden müssten, damit er keinen weiteren Suizidversuch unternehme. (Az. 2 BvR 1694/23)
Der Mann war in der Türkei unter anderem wegen Diebstahls zu einer Haftstrafe von mehreren Jahren verurteilt worden. Die Türkei bat Deutschland um seine Auslieferung, das Oberlandesgericht ordnete im August 2022 Auslieferungshaft an. Im Januar 2023 versuchte der Mann, Suizid zu begehen.
Er saß zu der Zeit wegen einer anderen Tat in Deutschland in Haft. Bei seinem Suizidversuch fügte er sich schwere Verletzungen zu, die dauerhaft ärztlich behandelt werden müssen. Mehrere Ärzte rieten davon ab, ihn an die Türkei auszuliefern. Dennoch kam er im Februar 2023 in Auslieferungshaft.
Das Oberlandesgericht erklärte seine Auslieferung zur Vollstreckung der türkischen Urteile für zulässig. Die türkische Haftanstalt beschäftige einen Psychologen, weshalb suizidalen Tendenzen entegegengewirkt werden könne.
Der Mann wandte sich an das Bundesverfassungsgericht. Dieses setzte die Übergabe an die Türkei im Dezember zunächst aus. Nun entschied es über die Verfassungsbeschwerde. Das Oberlandesgericht habe den Mann in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz verletzt, erklärte es.
Unklar sei, warum es keinen Sachverständigen hinzugezogen habe. Außerdem sei übersehen worden, dass nicht nur nach der Auslieferung, sondern auch während des Transports Suizidgefahr bestehen könne. Karlsruhe hob die Beschlüsse zur Auslieferung auf und verwies den Fall an das Oberlandesgericht zurück.
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