Die Chefvolkswirtin der Förderbank KfW, Fritzi Köhler-Geib, erwartet keine schnellen Zinssenkungen durch die Europäische Zentralbank (EZB). Erste Senkungen bereits im Frühjahr „halte ich auf Basis des heutigen Informationsstands für unrealistisch“, sagte sie dem „Spiegel“ in einem am Samstag veröffentlichten Interview. Die Aktienmärkte hätten derzeit falsche Erwartungen an die Geldpolitik.
„Mein Eindruck ist, da ist zu große Euphorie bei manchen Investoren im Spiel“, sagte Köhler-Geib. Sie gehe von einem ersten rückläufigen Zinsschritt der US-Notenbank Fed erst im Sommer aus. „Bei der EZB dürfte es etwas später der Fall sein.“
Führende Zentralbanken hatten zur Eindämmung der hohen Inflation monatelang schrittweise die Zinsen erhöht. Mittlerweile geht die Teuerungsrate vielerorts wieder in Richtung des Zwei-Prozent-Ziels. In der Erwartung, dass die Zentralbanken nun bald auch wieder die Zinsen senken, steigen die Aktienkurse seit Wochen.
Nach Einschätzung der KfW-Expertin fällt diese Reaktion der Anleger derzeit überschwänglich aus. Für 2024 erwarte sie zwar starke Kursbewegungen unter anderem wegen der Inflationsentwicklung und der Geldpolitik, die Aussichten für Anleger seien aber positiv. „Wenn man langfristig anlegt und sorgfältig informiert ist, zahlt sich Optimismus meistens aus“, sagte sie dem „Spiegel“.
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