„Es wäre für alle klarer und leichter, wenn wir schlicht und ergreifend sagen würden: Wir verpflichten die Ukraine darauf, dass sie die von uns erhaltenen Waffensysteme ausschließlich in dem Rahmen einsetzt, der mit dem geltenden Völkerrecht vereinbar ist“, sagte Ischinger der „Süddeutschen Zeitung“.
Das bedeute, dass man damit keine Krankenhäuser beschießen dürfe, „was die Russen die ganze Zeit machen“, erläuterte Ischinger. Es dürften nur militärische Ziele wie Flughäfen oder Abschussbasen angegriffen werden – dies aber auch auf russischem Gebiet, etwa um Angriffe mit Gleitbomben zu unterbinden. Andere Änderungen von Auflagen wie eine Kilometerbeschränkung für Waffeneinsätze auf russischem Gebiet seien dagegen wenig zielführend, sonst gebe es immer wieder die nächste Debatte, betonte Ischinger.,
Der frühere britische Premierminister Boris Johnson forderte angesichts der schwierigen militärischen Lage in der Ukraine Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf, sein striktes Nein zu einer Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine zu überdenken. „Wir brauchen definitiv auch eine Taurus-Lieferung, definitiv“, sagte Johnson der „Süddeutschen Zeitung“ am Rande einer Sicherheitskonferenz in Kiew. Es gehe nun um eine klare Haltung in einer ganz entscheidenden Phase.
Auch der CDU-Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter kritisierte erneut die Taurus-Blockade des Kanzlers. „Die ganzen roten Linien lassen sich inzwischen zu einem roten Teppich für Putin verweben“, sagte Kiesewetter ebenfalls in Kiew der „SZ“. Er gehe zudem davon aus, dass es seitens der USA bald eine Freigabe zum Einsatz weitreichender Waffen gegen militärische Ziele in Russland geben werde, sagte der CDU-Politiker. Scholz habe dann die Wahl, „uneingeschränkt an der Seite der Bündnispartner“ zu stehen oder „er folgt dem Narrativ von Sahra Wagenknecht“.
Die als Russland-nah geltende BSW-Vorsitzende Wagenknecht erläuterte im Berliner „Tagesspiegel“ ihre Vorstellungen für eine Friedenslösung in der Ukraine. Demnach solle der Westen Russlands Präsident Wladimir Putin „einen Stopp der Waffenlieferungen“ anbieten. Im Gegenzug solle es „einen sofortigen Waffenstillstand an der jetzigen Frontlinie“ geben und später „ein Referendum unter UN-Aufsicht“ in den von Russland kontrollierten ukrainischen Gebieten über deren staatliche Zugehörigkeit.
Wagenknecht forderte die Ukraine erneut auf, „Kompromisse zu schließen“ und auf eine Nato-Mitgliedschaft zu verzichten. Von Russland forderte sie eine Kompromissbereitschaft nicht, auch keinen Abzug der russischen Truppen aus der Ukraine.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich schlug die Bildung einer Kontaktgruppe vor, um zwischen der Ukraine und Russland zu vermitteln. Auf die Frage, aus welchen Ländern eine solche Kontaktgruppe bestehen könnte, sagte Mützenich: „Ich sehe da natürlich Länder wie China, Indien, die Türkei und Brasilien in der Verantwortung.“ Er begrüßte Äußerungen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), wonach auch Russland an einem angestrebten neuen Friedensgipfel zur Ukraine teilnehmen solle.
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