Wird eine sogenannte afghanische Handschuhehe in Abwesenheit eines Ehepartners geschlossen, kann sie in Deutschland gelten. Das gilt, wenn es keine Hinweise dafür gibt, dass die Ehe nicht gewollt war, wie das Oberlandesgericht Frankfurt am Main am Montag mitteilte. Die Ehe ist aber zu scheiden. (Az.: 6 UF 204/23)
Das Paar schloss im Januar 2022 eine sogenannte Handschuhehe, bei der ein Stellvertreter im Auftrag für einen nicht anwesenden Partner die Ehe schließt. In diesem Fall war nur die Frau anwesend, der Mann lebte seit 2015 in Deutschland. Erst nach der Flucht der Frau im August 2022 trafen beide in Deutschland erstmals aufeinander.
Die Frau wurde aufgrund einer eigenen Alterseinschätzung als unbegleitete minderjährige Jugendliche in Obhut genommen. Vor Gericht beantragte der Mann nun die Aufhebung der Ehe oder die Scheidung. Er behauptete, sie habe die Ehe nur für ein Visum für die Einreise nach Deutschland geschlossen.
Das Amtsgericht entschied, die Ehe zu scheiden. Jedoch wies es den Antrag auf Aufhebung der Ehe zurück. Mit seiner Beschwerde gegen die Ablehnung der Aufhebung blieb der Mann auch vor dem Oberlandesgericht ohne Erfolg. Es gebe keinen Aufhebungsgrund, urteilten die Richter. Da keiner der Beteiligten geltend gemacht habe, dass die Ehe nicht dem Willen des Paars entsprochen habe, gebe es keinen Anhaltspunkt dafür, die Stellvertreterehe aufzuheben.
Es bestünden keine Zweifel an der Volljährigkeit der Frau bei der Eheschließung. Ihre eigenen Angaben seien nicht plausibel. Ein Aufhebungsgrund gebe es auch nach afghanischem Recht nicht. Dazu zähle beispielsweise, dass eine Bedingung nicht erfüllt worden sei. Über die konkrete Gestaltung der Ehe sei im Vorfeld nicht gesprochen worden. Fehle es an einem Aufhebungsgrund, könne das Amtsgericht die Ehe zu Recht scheiden.
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