Die Bestellung eines berufsmäßigen gesetzlichen Vormunds für Kinder kann in bestimmten Fällen allein per Telefon wirksam sein. Das gilt, wenn die Bestellung ansonsten ordnungsgemäß erfolgte und nachvollziehbare Gründe für ein Abweichen von den gesetzlichen Regeln vorlagen, wie das Oberlandesgericht Frankfurt am Main am Donnerstag mitteilte. Es entschied, dass in einem Streitfall aus der Zeit der Coronapandemie kein Handschlag nötig war (Az.: 7 WF 74/23).
Im April 2020 wurde die Antragstellerin laut Gericht zur Vormundin von zwei Kindern bestellt, nachdem den Eltern das Sorgerecht entzogen worden war. Die gesetzlich vorgesehene Verpflichtung fand wegen der Coronapandemie per Telefon statt. Zu dem Gespräch gab es einen ausführlichen Vermerk. Gemäß der damals geltenden Regeln sollte die Verpflichtung aber eigentlich mit Handschlag erfolgen.
Die Staatskasse lehnte daraufhin einen Vergütungsantrag der Vormundin mit der Begründung ab, dass sie lediglich per Telefon bestellt wurde. Es kam zum Rechtsstreit. Das Amtsgericht sprach der Vormundin später in erster Instanz einen Anspruch auf Vergütung zu. Diese Entscheidung bestätigten die Richter am Oberlandesgericht nun.
Die damals geltenden Bestimmung zur Verpflichtung mittels Handschlag seien eine sogenannte „Soll-Vorschrift“ gewesen, betonten die Richter. Sowohl Handschlag als auch persönliche Anwesenheit seien unter gewissen Umständen verzichtbar. Die Verpflichtung mit Handschlag habe den Zweck, den Ernst und die Bedeutung der zu übernehmenden Pflichten zu verdeutlichen. Dies könne auch telefonisch geschehen.
Die Umstände des Einzelfalls könnten daher ein Absehen vom Handschlag bei persönlicher Anwesenheit in Ausnahmefällen rechtfertigen, fügte das Gericht an. Aus damaliger Sicht habe es nachvollziehbare Gründe für ein Abweichen von den üblichen Regeln gegeben. Der Beschluss ist nicht rechtskräftig. Weil noch nicht explizit höchstrichterlich in so einem Fall entschieden worden sei, ließ der Senat die Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof zu.
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