Wegen Beteiligung an Umsturzplänen: Prozess gegen Reichsbürger in Hamburg begonnen

In Hamburg hat ein Staatsschutzprozess gegen einen mutmaßlichen Unterstützer von Umsturzplänen einer radikalen Reichsbürgergruppe begonnen.

In Hamburg hat am Montag ein Staatsschutzprozess gegen einen mutmaßlichen Unterstützer von Umsturzplänen einer radikalen Reichsbürgergruppierung begonnen. Der aus Schleswig-Holstein stammende 66-Jährige soll sich laut Anklage einem von Ermittlern als Kaiserreichsgruppe bezeichneten Netzwerk angeschlossen haben, das unter anderem Anschläge auf die Stromversorgung und eine Entführung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) plante.

Laut Staatsanwaltschaft wollte die Gruppierung, deren führende Vertreter sich bereits seit einem Jahr im rheinland-pfälzischen Koblenz vor Gericht verantworten müssen, damit bürgerkriegsähnliche Zustände herbeiführen und die Demokratie durch ein autoritäres Regierungssystem nach dem Vorbild des 1918 untergegangenen historischen Deutschen Kaiserreichs ersetzen.

Die Anklage wirft dem Beschuldigten aus dem Raum Bad Bramstedt Beihilfe zur Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens gegen den Bund und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung vor. Er soll außerdem einen scharfen Revolver und dazugehörige scharfe Munition besessen haben.

Demnach betrieb der Mann mehrere Chatgruppen im Messengerdienst Telegram, in denen die Wiedereinführung der Verfassung des ehemaligen Kaiserreichs thematisiert wurde. Anfang 2022 wurde er nach Erkenntnissen der Hamburger Generalstaatsanwaltschaft von Angehörigen der Gruppierung kontaktiert und erklärte seine Bereitschaft zur Mitwirkung an einem gewaltsamen Umsturz. Er soll demnach unter anderem auch an mehreren Treffen teilgenommen haben.

Nach Angaben eines Gerichtssprechers räumte der Angeklagte die Vorwürfe in einer von seiner Verteidigerin verlesenen Erklärung grundsätzlich ein, wies die Einstufung der Gruppierung als terroristische Vereinigung aber zurück. Außerdem bestritt er, dass seine Aktivitäten als Unterstützung zu werten seien. Ihm seien die Anschlagspläne der Gruppe zu weit gegangen.

Weiterhin bezeichnete er demnach die Verfassung des Kaiserreichs von 1871 als „gültiges Recht“. Er habe sich jedoch von den in Koblenz angeklagten mutmaßlichen Rädelsführern eventuell nicht klar genug distanziert, mit der Szene habe er inzwischen nichts mehr zu tun. Seine Unzufriedenheit mit der bestehenden Ordnung sei in der Coronakrise entstanden, sagte er.

Der Beschuldigte aus der Reichsbürgerszene war Ende November vergangenen Jahres gefasst worden. Er sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Die Justiz in Hamburg ist aufgrund von Staatsverträgen auch für Staatsschutzdelikte aus Schleswig-Holstein, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern zuständig. Für das Verfahren wurden Verhandlungstermine bis Mitte Juli angesetzt.

Die Szene der sogenannten Reichsbürger und Selbstverwalter besteht aus verschiedenen Gruppierungen sowie mehr oder weniger unorganisierten Einzelvertretern. Ihre Mitglieder sehen die Bundesrepublik nicht als einen legitimen Staat an und fühlen sich an Gesetze, Verwaltungsakte und Gerichtsentscheidungen vielfach nicht gebunden. Es gibt Überschneidungen mit Rechtsextremisten sowie Anhängern sogenannter Verschwörungsideologien.
© AFP

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