Seegerichtshof: Kleine Inselstaaten haben Recht auf mehr Klimaschutz

Der Internationale Seegerichtshof hat den Anspruch kleiner Inselstaaten auf mehr Klimaschutz bestätigt.

Der Internationale Seegerichtshof in Hamburg hat den Anspruch kleiner Inselstaaten auf mehr Klimaschutz bestätigt. Laut einem am Dienstag vorgestellten Gutachten sieht der Seegerichtshof eine Verpflichtung der Unterzeichner des UN-Seerechtsübereinkommens von 1982, alle notwendigen Maßnahmen im Kampf gegen eine Meeresverschmutzung durch Treibhausgase zu unternehmen. Das Gutachten ist zwar nicht bindend, die Vertragsstaaten – darunter ist auch Deutschland – können auf dessen Grundlage aber zu einer Änderung ihrer Klimaschutzgesetzgebung verpflichtet werden.

Die Kommission der kleinen Inselstaaten mit neun Mitgliedern hatte den Gerichtshof angerufen. Sie erbat Empfehlungen zur Frage, ob der Ausstoß von Treibhausgasen eine Form der Meeresverschmutzung gemäß des 1982 abgeschlossenen UN-Seerechtsübereinkommens darstellt – und welche Klimaschutzverpflichtungen für die Staaten der Welt eine solche Einstufung hätte.

Das Gericht kam in dem Gutachten zu dem Schluss, dass Treibhausgase als als Meeresverschmutzung betrachtet werden können. Außerdem erklärte es, dass die Länder verpflichtet sind, Maßnahmen zu ergreifen, um die Auswirkungen auf die Ozeane zu mindern.

In dem Gutachten heißt es, dass die Vertragsstaaten verpflichtet sind, sich zur Einführung von wirksamen Maßnahmen zu konsultieren und diese dann zu beschließen. Die Maßnahmen müssen demnach die Auswirkungen des Klimawandels und der Versauerung der Meere berücksichtigen. Die Verpflichtung erfordere die Anwendung des Vorsorgeprinzips.

Die Umweltschutzorganisation WWF sieht durch das Gutachten seine Forderung nach besserem Schutz von Klima und Meeren bestärkt. Julika Tribukait, Meeresschutzexpertin beim WWF Deutschland, bezeichnete das Gutachten als „wichtigen Meilenstein“. Es sei ein richtungsweisendes Signal an die Staatengemeinschaft, Klimaschutz und Meeresschutz ernst zu nehmen.

„Die Mitgliedsstaaten des Seerechtsabkommens sind verpflichtet, die Meeresumwelt zu erhalten und das umfasst auch die Pflicht, die Ozeane vor den Auswirkungen der Klimakrise zu schützen – das hat das Gericht heute klargestellt“, erklärte Tribukait. In der Praxis bedeute das Gutachten, die Staaten müssten ihre Treibhausgasemissionen rasch und wirksam reduzieren und gleichzeitig den Meeresschutz vorantreiben, indem etwa wichtige Lebensräume von menschlicher Nutzung ausgenommen oder renaturiert würden.

Der Internationale Seegerichtshof wurde im Rahmen des Übereinkommens zum Seerecht gegründet. Er ist für Streitigkeiten über die Anwendung des Übereinkommens zuständig. Die 157 Vertragsstaaten, zu denen auch Deutschland zählt, können unter Berufung auf das nun vorgelegte Gutachten zu Maßnahmen verpflichtet werden.

Begonnen hatte das Verfahren im vergangenen September mit den Einlassungen von Vertretern der Inselstaaten. Die Repräsentanten von Antigua und Barbuda, Bahamas, Niue, Palau, St. Kitts und Nevis, St. Lucia, St. Vincent und die Grenadinen, Tuvalu und Vanuatu zeigten dem Gericht damals Bilder von Schäden, die der Klimawandel bereits auf ihren Inseln anrichtete. Die Inselstaaten sind vom steigenden Meeresspiegel, von der Übersäuerung der Weltmeere und der Zunahme von Extremwetter bedroht.

Zu dem Verfahrensbeginn sagte Arnold Loughman, Generalstaatsanwalt von Vanuatu, damals: „Wir waren geduldig, aber jetzt haben wir das Gefühl, dass unser Wohlwollen missbraucht wurde.“ Naima Te Maila Fifita, eine Klimaaktivistin aus Tuvalu, berichtete von ihrem Großvater, der festgestellt habe, dass die Insel, auf der er selbst noch als Kind gespielt hatte, verschwunden war.
© AFP

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