Vor der Kabinettsentscheidung zur Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes haben Gewerkschaften die Pläne als unzureichend kritisiert. Der Entwurf bleibe weit hinter dem zurück, was die Ampel-Regierung im Koalitionsvertrag vereinbart habe, erklärte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) am Mittwoch. Was Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) auf den Weg bringen wolle, laufe „leider auf das Gegenteil“ der gemachten Zusagen hinaus, betonte die stellvertretende DGB-Chefin Elke Hannack.
Am Mittwoch berät das Bundeskabinett unter anderem über die Gesetzesnovelle, die für mehr Planbarkeit und Verbindlichkeit bei Karrieren in der Wissenschaft sorgen soll. Viele junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind unter prekären Bedingungen an deutschen Hochschulen oder Forschungseinrichtungen beschäftigt. Sie haben lediglich befristete Verträge ohne Gewissheit über eine spätere Festanstellung.
Für die entscheidende Karrierephase nach der Promotion soll für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler künftig ein neues „4+2-Modell“ gelten. Stark-Watzinger will die Höchstbefristungsdauer in der Qualifizierungsphase nach der Promotion von sechs auf vier Jahre senken. Nach Ablauf der vier Jahre soll klar sein, ob die Betreffenden eine Perspektive auf eine dauerhafte Beschäftigung in der Wissenschaft haben, beispielsweise auf eine Professur.
Eine weitere Befristung von noch einmal bis zu zwei Jahren soll „für den Fall der Bewährung“ nur noch mit der verbindlichen Zusage eines Anschlussvertrages zulässig sein.
„Wir brauchen Dauerstellen für Daueraufgaben in Lehre und Forschung und für Promovierende Verträge, die den tatsächlichen Promotionszeiten entsprechen“, betonte Elke Hannack vom DGB.
Der DGB kritisiert mit einem Bündnis aus Gewerkschaften und anderen Arbeitnehmervertretungen aus dem Wissenschaftsbetrieb den Gesetzentwurf als unzureichend. Eine wissenschaftliche Laufbahn in Deutschland sei für immer weniger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler attraktiv, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von 19 Organisationen.
Gefordert werden darin Verträge für Promovierende, die den tatsächlichen Promotionszeiten entsprechen. Nach der Promotion müsse es bei Erfüllung festgelegter Kriterien entweder unbefristete Stellen oder eine verbindliche Zusage zur Entfristung geben. Außerdem wird eine Streichung des Verbots der Abweichung von den Vorgaben des Gesetzes über tarifvertragliche Regelungen gefordert. „Gewerkschaften und Arbeitgeber müssen Verbesserungen für die Beschäftigten aushandeln dürfen – so wie in anderen Branchen auch“, heißt es in der Erklärung.
Die Organisationen kündigten an, gegen die Pläne protestieren zu wollen. Mehr als 5000 Unterschriften seien bisher in einer Petition gegen den Gesetzentwurf gesammelt worden.
Im Koalitionsvertrag von 2021 hatten die Ampel-Parteien angekündigt, „die Vertragslaufzeiten von Promotionsstellen an die gesamte erwartbare Projektlaufzeit knüpfen und darauf hinwirken“ zu wollen, „dass in der Wissenschaft Dauerstellen für Daueraufgaben geschaffen werden“.
Diese Ziele sieht auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft mit dem Gesetzesentwurf nicht umgesetzt. „Statt verbindlicher Mindestvertragslaufzeiten für Zeitverträge gibt es wachsweiche Soll-Bestimmungen“, kritisierte der stellvertretende GEW-Vorsitzende Andreas Keller. „Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die Kinder betreuen, sollen weiterhin der Willkür der Arbeitgeber ausgesetzt bleiben.“
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