Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist nun auch auf der umstrittenen Plattform Tiktok aktiv. Der Kanal @TeamBundeskanzler postete am Montagvormittag ein erstes, 13-sekündiges Video, an dessen Ende Scholz an seinem Schreibtisch im Kanzleramt zu sehen ist. Auf X fügte Scholz hinzu: „Ich tanze nicht. Versprochen.“ Regierungssprecher Steffen Hebestreit versprach Blicke hinter die Kulissen und nannte den Kanal „natürlich auch ein bisschen ein Experiment“.
Das Angebot richte sich insbesondere an jüngere Menschen, die zu den überwiegenden Nutzern Tiktoks gehören. „Das sind oft Menschen, die wir über traditionelle Medien – so bitter das manchmal ist – kaum noch erreichen“, sagte Hebestreit. „Unserem verfassungsrechtlichen Informationsauftrag können wir nur gerecht werden, wenn wir uns an der tatsächlichen Mediennutzung der Bürgerinnen und Bürger orientieren.“
Auf Tiktok seien „nicht selten“ Inhalte zu sehen, die irreführend oder gar objektiv falsch sind, betonte Hebestreit weiter. Daher gebe es dort „auch dort ein Bedürfnis nach verlässlichen Informationen“.
Weltweit hat Tiktok mehr als eine Milliarde Nutzerinnen und Nutzer, steht jedoch in der EU und in den USA in der Kritik. Diese bezieht sich unter anderem auf den Umgang Tiktoks mit Transparenz und Datenschutz, versteckter Werbung, Fake News sowie Jugendschutz und Cybermobbing. Auch wird der mögliche Einfluss der chinesischen Regierung auf die Plattform beanstandet.
„Die Bedenken und Diskussionen, die sich mit einer solchen Plattform verbinden, nehmen wir sehr ernst“, betonte Hebestreit am Montag. „Auf sozialen Medien wie Tiktok als Bundesregierung aktiv zu sein bedeutet gerade nicht, sich mit der Geschäfts- und Datenschutzpraxis der jeweiligen Unternehmen einverstanden zu erklären.“ Die Regierung setze sich weiter „für eine möglichst datenschutzfreundliche Ausgestaltung der sozialen Medien ein“.
Der Sprecher verwies darauf, dass Tiktok in der Regierung nicht mit den üblichen Diensthandys genutzt werde, sondern mit einem eigenen unabhängigen Diensthandy, das keine weiteren Zugänge auf Behörden ermöglicht.
Die Plattform steht auch in der Kritik, weil sie Fake News und populistischen Inhalten zu hohen Reichweiten verhilft. „Wir dürfen diese neuen Informationsräume nicht nur bestimmten Akteuren überlassen“, sagte Hebestreit dazu.
Ähnlich sieht das Grünen-Chefin Ricarda Lang, die schon seit längerem auf Tiktok aktiv ist. Das Medium „dürfen wir nicht den Rechtsextremen überlassen“, sagte Lang am Montag in Berlin. „Deshalb sollten da auch demokratische Akteure aktiv sein.“ Das Engagement auf Tiktok sei „eine Risikoabwägung“. Es gebe „viele Fragen, was Datenschutzabwägung angeht, was Bezug zur chinesischen Regierung angeht“, sagte die Grünen-Vorsitzende.
Betreut wird der Kanzlerkanal von der Social-Media-Redaktion des Bundespresseamts, die auch für die Auftritte des Kanzlers und der Regierung bei Instagram, X, Facebook, Youtube und Mastodon verantwortlich ist. Regierungssprecher Hebestreit sagte: „Wir müssen das auch immer wieder beobachten. Wenn man merkt, es funktioniert nicht, muss man dann auch die Größe, die Kraft haben, sich von so einem Kanal auch wieder zurückzuziehen.“
Zuletzt hatten unter anderem US-Präsident Joe Biden und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron eigene Kanäle bei Tiktok gestartet.
© AFP