Die Deutsche Bahn hat den Verkauf ihrer international tätigen Logistiktochter Schenker gestartet. Der staatseigene Konzern kündigte am Dienstag in Berlin den Prozess zur Veräußerung von bis zu 100 Prozent der Anteile an. Der Erlös soll vollständig an die Bahn gehen und zum Großteil deren Schulden reduzieren.
DB Schenker ist der Gewinnbringer im Konzern. 2022 erzielte die Tochter mit 1,8 Milliarden Euro vor Steuern und Zinsen einen Rekordgewinn. Im ersten Halbjahr 2023 belief sich der operative Gewinn auf 626 Millionen Euro. Laut „Handelsblatt“, das sich auf Finanzkreise berief, wird das Unternehmen mit zwölf bis 15 Milliarden Euro bewertet.
Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn hatte schon im Dezember 2022 beschlossen, Schenker zu verkaufen. Die Bahn will sich auf ihr Kerngeschäft, den Verkehr auf der Schiene in Deutschland, konzentrieren. Eine Veräußerung würde „die Konzentration der Deutschen Bahn auf ihr Kerngeschäft und damit die Umsetzung der Strategie Starke Schiene maßgeblich vorantreiben“, erklärte der Konzern am Dienstag.
Die Bahn ist mit über 30 Milliarden Euro hoch verschuldet. „Bedingung für den Verkauf“ von Schenker sei, „dass er für die Deutsche Bahn in jeder Hinsicht wirtschaftlich klar vorteilhaft sein muss“, erklärte der Konzern. Die finale Entscheidung über eine Veräußerung von DB Schenker werde dem Aufsichtsrat der Bahn am Ende des Verkaufsprozesses gesondert zum Beschluss vorgelegt. Der Prozess stehe unter dem Vorbehalt der Entwicklung an den Kapitalmärkten.
Schenker selbst kann nach Angaben der Bahn mit „mehr Kapital und Flexibilität“ wachsen. Das Unternehmen sei „in allen relevanten Marktbereichen – Landverkehr, Luft- und Seefracht – sowie bei umfassenden und spezialisierten Logistiklösungen im Branchenvergleich sehr gut aufgestellt“. Das Unternehmen gehört mit rund 76.600 Beschäftigten an über 1850 Standorten in mehr als 130 Ländern zu den führenden Logistikdienstleistern weltweit.
Laut Bahn ist Schenker eines der „globalen Top-4-Logistikunternehmen“. Die anderen drei sind Kühne + Nagel aus der Schweiz, der dänische Logistikkonzern DSV und die deutsche DHL. Sie werden in Finanzmedien auch als mögliche Interessenten genannt, dazu Staatsfonds wie der aus Abu Dhabi oder Finanzinvestoren.
Beim Arbeitnehmerflügel der CDU stieß der geplante Verkauf von Schenker auf scharfe Kritik. „Die Haushaltsprobleme der Bundesregierung dürfen nicht auf dem Rücken der Schenker-Mitarbeiter gelöst werden“, sagte der Bundesvize der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Christian Bäumler, dem „Handelsblatt“. Ein exportorientiertes Land sei auf internationale Logistikunternehmen angewiesen. „Deutschland muss darauf achten, seine Abhängigkeiten nicht noch mehr zu erhöhen“, warnte Bäumler.
Die Ampel-Regierung hat der Deutschen Bahn Milliarden versprochen, um die Infrastruktur zu sanieren und bis 2030 deutlich mehr Passagiere zu befördern. Insgesamt sollte der Konzern fast 40 Milliarden Euro bis 2027 bekommen, vor allem aus den Einnahmen aus der Lkw-Maut, aber auch etwa 12,5 Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF). Dieses Geld fehlt seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von Mitte November, das das Sondervermögen für verfassungswidrig erklärt hatte.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte dazu gesagt, die Koalition gehe hier „kreative Wege“. Die Regierung wolle Privatisierungserlöse von nicht benötigten Bundesbeteiligungen „teilweise nutzen, um die Bahn zu stärken“. Konkreter wurde er nicht; Beteiligungen hält der Bund etwa noch an der Post und an der Deutschen Telekom.
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