Messengerdienste, digitale Fotoalben oder Streamingdienste wie Tiktok: Die digitale Mediensucht bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland hat sich laut einer DAK-Analyse seit 2019 fast verdoppelt. Sechs Prozent der Zehn- bis 17-Jährigen – rund 360.000 – erfüllen derzeit die Kriterien eines Suchtverhaltens bei der Nutzung sozialer Medien, wie die am Dienstag in Hamburg veröffentlichte Studie der Krankenkasse zeigt.
Der Anteil der Kinder und Jugendlichen mit einer Social-Media-Sucht verdoppelte sich damit während und nach der Pandemie von 3,2 auf 6,1 Prozent nahezu. Zudem nutzt mit 24,5 Prozent jedes vierte Kind soziale Medien auf riskante Art und Weise. Das sind hochgerechnet insgesamt 1,3 Millionen Mädchen und Jungen und dreimal so viele wie noch vor vier Jahren, als dieser Anteil bei 8,2 Prozent lag.
Mediensucht geht mit Kontrollverlust, einer zunehmenden Priorisierung sozialer Medien gegenüber anderen Lebensinhalten und Alltagsaktivitäten sowie einem Nicht-Loslassen-Können trotz negativer Konsequenzen einher. Soziale Beziehungen sind gestört, Ausbildung und Beruf leiden unter der Sucht.
Kinder und Jugendliche verbringen der Studie zufolge an einem normalen Wochentag durchschnittlich 150 Minuten in sozialen Netzwerken. 2019 waren dies 123 Minuten. Am Wochenende sind es mit 224 Minuten sogar mehr als dreieinhalb Stunden nach 191 Minuten 2019. Wie die Untersuchung weiter zeigt, berichten Mädchen und Jungen mit einer problematischen Social-Media-Nutzung häufiger von depressiven Symptomen, mehr Ängsten und einem höheren Stresslevel als unauffällige Nutzerinnen und Nutzer.
„Psychisch belastete Jugendliche neigen oftmals vermehrt zu problematischem Nutzungsverhalten bei sozialen Medien“, erklärte Studienleiter Rainer Thomasius vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). „Gleichzeitig führt die übermäßige Nutzung jedoch zu neuen Problemen und erhöhten psychischen Belastungen – es entsteht ein Teufelskreis.“
Für die Längsschnittstudie der DAK-Gesundheit und des UKE wurden bundesweit 1200 Familien in sechs Wellen befragt. Anders als bei den sozialen Medien gingen beim Gaming und Streaming im Vergleich zum Vorjahr die Nutzungszeiten und die Zahl der mediensüchtigen Minderjährigen wieder zurück.
An Werktagen verbringen junge Menschen im Schnitt demnach 98 Minuten und an Wochenenden 168 Minuten mit digitalen Spielen. Damit liegen sie fast wieder auf dem Niveau von vor der Pandemie. Erstmals seit dem Beginn der Pandemie zeigt sich darüber hinaus ein deutlicher Rückgang suchtartigen Spielens auf 4,3 Prozent, was in etwa dem Niveau von Mai/Juni 2021 entspricht.
Auch beim Streaming gehen die Werte nach einem starken Ausschlag zur Hochphase der Pandemie wieder nach unten: Die durchschnittliche Streamingdauer sank im September 2023 auf 98 Minuten pro Werktag – im Mai 2021 waren es 170 Minuten gewesen. Der Anteil pathologischer Nutzerinnen und Nutzer beim Streaming halbierte sich im Vergleich zum Vorjahr auf 1,2 Prozent.
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