Bundesverfassungsgericht streicht Staatsgelder für NPD-Nachfolgepartei

Die rechtsextreme Partei Die Heimat - früher NPD - wird für sechs Jahre von der staatlichen Finanzierung ausgeschlossen. 

Die rechtsextreme Partei Die Heimat – früher NPD – wird für sechs Jahre von der staatlichen Finanzierung ausgeschlossen. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe begründete sein Urteil am Dienstag damit, dass die Partei die Schwelle von der bloßen Ablehnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu deren Bekämpfung überschreite. Vertreter von Koalition und Union in Berlin begrüßten die rechtliche Klärung – und diskutierten darüber, ob der Richterspruch auch für den Umgang mit der AfD Bedeutung habe. (Az. 2 BvB 1/19)

Das Urteil sei „eine Bestätigung für den Kurs, dass man den Feinden der Freiheit nicht viel Raum bieten darf“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Berlin. Mit dem Richterspruch gebe es „ein weiteres Instrument, um gegen Verfassungsfeinde vorzugehen“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). „Unser Rechtsstaat finanziert keine Verfassungsfeinde“.

Das Verfahren gegen die Partei Die Heimat war das erste dieser Art. Die Möglichkeit, verfassungsfeindliche Parteien für vorläufig sechs Jahre von der öffentlichen Finanzierung auszuschließen, war 2017 eingeführt worden, nachdem das Gericht die NPD zum zweiten Mal nicht verboten hatte. 2019 stellten Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung in Karlsruhe den Antrag, der Partei die staatlichen Zuschüsse zu streichen.

Mit dem Urteil entfällt auch die steuerliche Begünstigung der Partei und von Spenden an sie. Zur Begründung heißt es in dem Richterspruch, die Organisationsstruktur der Partei, ihre regelmäßige Teilnahme an Wahlen sowie die nationale und internationale Vernetzung belegten, dass sie auf die Beseitigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ausgerichtet sei.

Die Voraussetzungen für den Entzug der staatlichen Parteienfinanzierung sind im Grundgesetz festgehalten. Die Entscheidung darüber obliegt dem Verfassungsgericht. Anders als bei einem Parteiverbot ist es nicht notwendig, dass die betroffene Partei eine Chance hat, ihre verfassungsfeindlichen Ziele auch zu erreichen.

In den vergangenen Jahren hatte Die Heimat schon keine öffentlichen Gelder mehr bekommen. Direkte Zuschüsse stehen Parteien nur zu, wenn sie bei Wahlen ausreichend Erfolg haben. Das gelang der NPD beziehungsweise Heimat nicht mehr. Zuletzt hatte sie im Jahr 2020 etwa 370.600 Euro vom Staat erhalten. Allerdings profitierte sie auch danach weiter von Steuervorteilen.

Das Urteil war unter anderem mit Blick auf die AfD mit Spannung erwartet worden. Seit einigen Tagen wird in der Politik darüber diskutiert, ob auch der AfD die öffentlichen Gelder gestrichen werden könnten. Auch das müsste vor dem Bundesverfassungsgericht beantragt werden.

Vertreterinnen und Vertreter der Ampel-Parteien in Berlin begrüßten das Urteil – die Forderung nach einem Ausschluss auch der AfD von der Parteienfinanzierung vermieden sie aber. SPD-Chefin Saskia Esken sprach gegenüber den Funke-Zeitungen von einem „Signal“ in der Auseinandersetzung mit der AfD: „Dieses richtungsweisende Urteil wird uns in der Auseinandersetzung mit der rechtsextremistischen Gefahr von heute hilfreich sein“.

FDP-Chef Christian Lindner mahnte Zurückhaltung bei der Frage an, ob auch der AfD die staatliche Parteienfinanzierung beschnitten werde solle. „Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass die Parteien des demokratischen Zentrums sich einer unliebsamen Konkurrenz erwehren wollen, indem sie auf Mittel des Parteienrechts zurückgreifen“, sagte Lindner dem Sender „Welt“.

Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann betonte, dass es sich um ein Urteil zur NPD handle. Es sei „nicht einfach übertragbar“, sagte sie. „Wir werden gründlich prüfen, welche Rückschlüsse daraus zu ziehen sind“, kündigte sie weiter an.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) wertete das NPD-Urteil als Vorbild für ein mögliches Verfahren gegen die AfD. „Die AfD ist keine Protestpartei, sie ist eine gefährliche Nazipartei“, sagte der CDU-Politiker der „Rheinischen Post“. Wüst wies auf die hohen rechtlichen Hürden hin – „eine Option aber bleibt es“, sagte er.

AfD-Vizechef Stephan Brandner sieht in dem Karlsruher Urteil nach eigenen Worten keine Vorlage für das Vorgehen gegen seine Partei. Statt der AfD müssten die anderen Parteien ins Visier genommen werden – etwa jene, die durch Corona-Schutzmaßnahmen „das Grundgesetz mit Füßen getreten“ hätten, sagte er zu t-online.
© AFP

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