Mehr Forschung, Modellprojekte und kürzere Wartezeiten für Therapieplätze: Die Bundesregierung will gegen die zunehmende Vereinsamung von Menschen hierzulande vorgehen. Das Kabinett beschloss dazu am Mittwoch eine Strategie gegen Einsamkeit mit insgesamt über hundert Maßnahmen. „Einsamkeit ist eine Herausforderung an die gesamte Gesellschaft“, erklärte dazu Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne). Sie habe negative Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen und das soziale Miteinander.
Ziel sei es, „das Thema Einsamkeit in Deutschland stärker politisch und wissenschaftlich zu beleuchten“, erklärte Paus. Im „Deutschlandfunk“ führte die Ministerin aus, dass mehr Menschen einsam seien als noch vor der Coronapandemie – insbesondere junge und sehr alte. Deswegen sei es wichtig gegenzusteuern. Paus betonte: „Die Bundesregierung kann keine Einsamkeit abschaffen, aber wir können dafür sensibilisieren.“
Die in einem Papier des Familienministeriums festgehaltene Strategie verfolgt insgesamt 111 Maßnahmen, mit welchen die soziale Verbundenheit und das gesellschaftliche Miteinander gestärkt werden sollen. Sie sollen Wege aus der Vereinsamung aufzeigen. Konkret will Paus‘ Ministerium unter anderem die Öffentlichkeit mit einer Kampagne zum Thema sensibilisieren.
Um Wissenslücken zu schließen, soll weiter die Forschung zu den gesundheitlichen, gesellschaftlichen und politischen Auswirkungen von Einsamkeit gefördert werden. Dazu ist die Etablierung eines sogenannten „Einsamkeitsbarometer“ geplant, mit dem das Ausmaß und die Verbreitung von Einsamkeit erhoben werden soll.
Auch die Förderung von universitären Lehrstühlen zum Thema Einsamkeit wird geprüft. Gegen zunehmende Einsamkeit will die Bundesregierung weiter Modellprojekte in den Kommunen fördern und die Wartezeiten auf Therapieplätze verkürzen.
Paus betonte im Deutschlandfunk auch die Bedeutung der Einsamkeitsstrategie für die Demokratie. Es lasse eine Gesellschaft „zerbröseln“, wenn Menschen sich zurück zögen. „Aber erst recht zerbröselt es die Demokratie.“ So sei zum Beispiel nachgewiesen, dass von Einsamkeit Betroffene schon gar nicht mehr wählen gingen.
Die amtierende Vorsitzende des Gesundheitsausschuss im Bundestag, Kirsten Kappert-Gonther (Grüne), erklärte auf X: „Egal ob jung oder alt, arm oder reich – Einsamkeit kann uns alle treffen und sowohl körperlich als auch psychisch krank machen.“ Die Strategie gegen Einsamkeit sei deshalb „ein wichtiges Signal“ und werde Betroffenen helfen. „Lasst uns gemeinsam das Stigma brechen“, forderte sie.
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