Sie sollen Sabotageaktionen in Deutschland geplant haben: In Bayreuth sind zwei Männer unter dem Verdacht der Spionage für Russland festgenommen worden. Die Deutsch-Russen hätten Anschlagsziele mit Blick auf die Militärhilfe für die Ukraine ausgekundschaftet, darunter Einrichtungen der US-Streitkräfte, teilte die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe am Donnerstag mit. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) ließ wegen des Falls den russischen Botschafter ins Auswärtige Amt einbestellen.
Die geplanten Sabotageaktionen sollten dem Ziel dienen, „die aus Deutschland der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg geleistete militärische Unterstützung zu unterminieren“, erklärte die Bundesanwaltschaft. Einer der Festgenommenen, Dieter S., habe in Kontakt zu einer Person gestanden, „die an einen russischen Geheimdienst angebunden ist.“ Mit dieser habe sich S. seit Oktober 2023 über mögliche Sabotageaktionen in Deutschland ausgetauscht.
Der Beschuldigte habe sich gegenüber seinem Gesprächspartner bereit erklärt, „Sprengstoff- und Brandanschläge vor allem auf militärisch genutzte Infrastruktur und Industriestandorte in Deutschland zu begehen“, hieß es in der Erklärung aus Karlsruhe. Der zweite Festgenommene, Alexander J., habe S. spätestens ab März 2024 dabei geholfen.
Der Verdacht, dass Russlands Präsident Wladimir Putin „bei uns Agenten anwirbt, um Anschläge auf deutschem Boden zu verüben, ist extrem schwerwiegend“, schrieb Außenministerin Baerbock im Kurznachrichtendienst X: „Wir werden nicht zulassen, dass Putin seinen Terror nach Deutschland trägt.“ Dies sei dem russischen Botschafter bei der Einbestellung ins Auswärtige Amt mitgeteilt worden.
Diesem seien dort „keine Beweise“ vorgelegt worden, kritisierte die russische Botschaft im Onlinedienst X. Die Vorwürfe seien „absurd und lächerlich“. In einer Erklärung der Botschaft hieß es weiter: „Es wurden keine Beweise für die Pläne der Festgenommenen oder ihre mögliche Verbindung zu Vertretern russischer Strukturen vorgelegt.“
Einige der ins Visier genommenen Objekte kundschaftete S. den Angaben der Bundesanwaltschaft zufolge vor Ort aus, wobei er Fotos und Videos, etwa von Militärtransporten und -gütern, anfertigte. Die gesammelten Informationen habe er an seinen Gesprächspartner übermittelt. Einem „Spiegel“-Bericht zufolge soll es sich bei einem der ausgespähten Objekte um eine Einrichtung der US-Armee im bayerischen Grafenwöhr handeln.
Die Anklagebehörde wirft S. und J. nun vor, in einem besonders schweren Fall für einen ausländischen Geheimdienst tätig gewesen zu sein. S. werden außerdem Agententätigkeit zu Sabotagezwecken, das sicherheitsgefährdende Abbilden militärischer Anlagen und die Verabredung zur Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion sowie zur Brandstiftung vorgeworfen. Für besonders schwere Fälle der geheimdienstlichen Agententätigkeit droht eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren.
S. wurde laut Bundesanwaltschaft nach seiner Festnahme am Mittwoch noch am selben Tag dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt, der den Vollzug der Untersuchungshaft anordnete. Der Haftbefehl gegen J. wurde am Donnerstag in Vollzug gesetzt.
„Wir können niemals hinnehmen, dass solche Spionage-Aktivitäten in Deutschland stattfinden“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Brüssel. „Deshalb haben wir auch unsere eigenen Abwehrmechanismen, um sie aufzudecken.“ Dies gelinge auch immer wieder. Der Kanzler sprach weiter von „einer hohe Anforderung, die wir an unsere Sicherheitsorgane stellen müssen“.
Gegen S. eröffnete der Ermittlungsrichter den Angaben aus Karlsruhe zufolge einen weiteren Haftbefehl, der den Vorwurf der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung betrifft. S. soll zwischen Dezember 2014 und September 2016 in der Ostukraine als Kämpfer einer bewaffneten Einheit der selbsternannten pro-russischen Volksrepublik Donezk tätig gewesen sein.
Bundesjustizminister Buschmann ermöglichte die Festnahme wegen dieses Vorwurfs durch eine eigens ausgestellte Verfolgungsermächtigung, wie sein Ministerium mitteilte. Eine Sprecherin erläuterte gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, dies bedeute aber nicht, „dass es sich tatsächlich um eine terroristische Vereinigung im Ausland“ gemäß Strafgesetzbuch handele. Hierüber müssten Strafgerichte entscheiden.
Es ist nicht der erste Fall mutmaßlicher Russland-Spionage in Deutschland. Vor dem Berliner Kammergericht wird aktuell Carsten L., einem früheren Mitarbeiter des Bundesnachrichtendiensts, und seinem mutmaßlichen Komplizen Arthur E. der Prozess gemacht. Sie sollen deutsche Staatsgeheimnisse an Russland verraten und dafür Geld genommen haben.
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