Lebenslange Haft in Prozess um Dreifachmord in bayerischem Langweid

Ein Jahr nach einem Dreifachmord im Zusammenhang mit einem Nachbarschaftsstreit im bayerischen Langweid hat das Landgericht Augsburg den Todesschützen zu lebenslanger Haft verurteilt.

Es begann mit einem Streit ums Bohren – und endete mit drei Morden und zwei versuchten Morden: In einem völlig eskalierten Nachbarschaftsstreit im bayerischen Langweid hat das Landgericht Augsburg am Freitag den 65 Jahre alten Gerhard B. zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Angebot des Gerichts, mit einem schnellen Akzeptieren des Urteils „positiv aus der Öffentlichkeit abzutreten“, schlug B. ohne Gefühlsregung aus.

Neben der lebenslangen Haft stellte das Gericht auch wie von der Staatsanwaltschaft gefordert die besondere Schwere der Schuld für den Rentner fest. Damit ist eine vorzeitige Haftentlassung so gut wie ausgeschlossen. Der durch drei Herzinfarkte gesundheitlich angeschlagene B. könnte womöglich bis zum Lebensende hinter Gittern bleiben.

Der jugendliche Sohn des Ehepaars, das B. zuerst getötet hatte, verfolgte die Urteilsverkündung im Gericht. Der Vorsitzende Richter Michael Eberle erinnerte in der Urteilsbegründung daran, wie ein Brief des Jugendlichen die Prozessbeobachter zu Tränen rührte.

„Du hast mir Papa und Mama genommen“, schrieb er an den Todesschützen gerichtet und berichtete, wie sehr er seine Eltern geliebt habe und wie sehr er diese vermisse. Das 52 und 49 Jahre Elternpaar und eine 74 Jahre alte Nachbarin waren die Todesopfer, ein zur Tatzeit 44 Jahre alter Mann und dessen 32 Jahre alte Partnerin überlebten angeschossen.

Das Gericht verwies auf eine Vielzahl von auch polizeilich bekannten Auseinandersetzungen von B. mit seinen Nachbarn. Ende 2018 wurde der erste Fall dokumentiert. Damals ging der Streit darum, dass der Vater des Jugendlichen gebohrt hatte und der spätere Todesschütze deshalb ausrastete.

Dem Richter zufolge war B. „Dreh- und Angelpunkt“ sämtlichen Nachbarschaftsstreits. Geschubse, Bedrohungen, Beleidigungen nahmen immer weiter zu. Auch am Tattag vor einem Jahr gab es Streit, allerdings keinen außergewöhnlich heftigen im Vergleich zu den vorhergehenden, wie der Richter sagte.

B. habe dieses Mal allerdings zwei Waffen aus seinem Waffenschrank geholt. Zuerst tötete er seinen 52 Jahre alten Nachbarn dem Urteil zufolge aus nächster Nähe von hinten mit einem Kopfschuss. Sekunden später schoss er auf dessen 49 Jahre alte Frau. Als diese noch röchelte, schoss er ihr ebenfalls in den Kopf.

Eine 72 Jahre alte Frau, die er wegen des Schusslärms am Türspion hinter ihrer Tür vermutete, erschoss B. laut Urteil durch die geschlossene Tür. Der Richter sagte, B. habe nicht nur getötet, er habe auch unfassbares Leid über die Angehörigen gebracht.

Nach diesen drei Mordtaten fuhr der Mann an einen zweiten Tatort, wo der Sohn eines seiner Nachbarn lebte. Der 44 Jahre alte Mann habe angesichts des bewaffneten Manns noch gesagt: „Boah, was wird das jetzt?“ B. habe nur gesagt: „Das wirst gleich sehen“. Allerdings habe sich der Mann mit seiner Partnerin verschanzen können. B. habe durch die Tür auf beide geschossen und diese am Arm schwer verletzt.

Umstritten war in dem Prozess, ob B. schuldfähig war. Die Verteidigung sah nur eine eingeschränkte Schuldfähigkeit und forderte deshalb eine zeitlich begrenzte Haftstrafe. Ein von der Verteidigung bezahltes Gutachten sollte dies belegen. Der Vorsitzende Richter sagte allerdings, dieses sei „sehr nah am Gefälligkeitsgutachten“.

Der vom Gericht bestellte Gutachter hatte neben einer begrenzten intellektuellen Leistungsfähigkeit auch paranoide und schizoide Züge bei dem Angreifer festgestellt – beides aber nicht in einem Maß, dass es die Schuldfähigkeit einschränke.

Am Ende der Urteilsbegründung gab der Richter dem Angeklagten eine Viertelstunde Zeit, um darüber nachzudenken, ob er das Urteil direkt akzeptiert. Der Richter sah darin die Möglichkeit eines positiven „Signals“ an die Öffentlichkeit. Aber auch das wollte B. seinen Nachbarn nicht vergönnen. „Herr B. akzeptiert das Urteil nicht“, sagte sein Verteidiger.
© AFP

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