Die Spitzen der Agrar- und Lebensmittelindustrie haben den Auftakt der Internationalen Grünen Woche für eine Breitseite gegen die Politik der Bundesregierung genutzt. „Wir brauchen eine Veränderung der Politik“, sagte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, am Mittwoch bei der Eröffnungspressekonferenz der bedeutenden Agrar- und Lebensmittelwoche in Berlin. Gespräche über die vorgeschlagene Tierwohlabgabe zur Unterstützung der Landwirte lehnte er ab und beharrte stattdessen mit Nachdruck auf der Rücknahme der angekündigten Streichung der Agrardieselsubvention.
Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE), Christoph Minhoff, warf Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) eine Politik der „ideologisch unterfütterten Bevormundung“ vor. Zudem erlebe er seit zwei Jahren, dass Özdemirs öffentliche Äußerungen am Ende nicht mit den konkreten Schritten seines Ministeriums übereinstimmten.
Minhoff verwies auf die Ernährungsstrategie, die Özdemir später am Mittwoch vorstelle wollte. Dabei geht es unter anderem um eine gesündere Ernährung in Kitas und Mensen und weniger Fett, Zucker und Salz in verarbeiteten Lebensmitteln. Die Regierung versuche der Industrie „detaillierte Vorschriften in ihrem Kerngeschäft zu machen“, sagte der Unternehmervertreter dazu. Mit immer höheren Auflagen treibe sie die Betriebe ins Ausland.
Das Angebot für gesunde, ökologisch produzierte und vegetarische Lebensmittel gebe es in deutschen Supermärkten bereits, fügte der BVE-Chef hinzu. Die Nachfrage halte sich aber in Grenzen. Die Regierung könne nicht den Verbrauchern vorschreiben, was sie kaufen sollen, und den Landwirten vorschreiben, dass sie Produkte produzieren, die nicht gekauft werden.
Rukwied drohte mit erneuten Protesten der Landwirte. Der Bauernverband hatte eine Woche lang deutschlandweit Protestaktionen gegen die Politik der Bundesregierung organisiert. Den Höhepunkt bildete eine Großdemonstration mit tausenden Traktoren in Berlin am Montag. Die Bundesregierung will dennoch an der schrittweisen Abschaffung der Subventionierung von Agrardiesel bis 2026 festhalten, gegen die sich die Landwirte wehren.
Diese „unsägliche Steuererhöhung“ müsse vom Tisch, forderte der DBV-Präsident. Andernfalls „werden weitere Maßnahmen folgen, dann werden die Bauern und Bäuerinnen wieder auf die Straße zurückkehren“. Erst wenn die Diesel-Frage geklärt sei, könne über andere Maßnahmen wie ein Tierwohlabgabe gesprochen werden.
Landwirtschaftsminister Özdemir hat als Ausgleich für die Subventionskürzung vorgeschlagen, mit einem Aufschlag auf tierische Produkte die Landwirte beim Umbau ihrer Ställe zu unterstützen. Wer „auch in Zukunft Fleisch aus Deutschland“ möchte, müsse auch sagen, „wo das Geld dafür herkommen soll“, sagte er dazu.
Der Landwirtschaftsminister eröffnet am Freitag mit seinem Rundgang offiziell die Grüne Woche. Bei dieser Gelegenheit werde es aber noch keine vom DBV organisierten Protestaktionen geben, versicherte Rukwied.
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