Statt einer drohenden Millionenstrafe ist es nur eine juristische Gelbe Karte geworden: Fußballweltmeister Jérôme Boateng ist im dritten Anlauf seines Körperverletzungsverfahrens vor dem Landgericht München I mit einer Verwarnung davon gekommen. Die Vorsitzende Richterin Susanne Hemmerich wies nach der Beweisaufnahme das Bild des „notorischen Frauenschlägers“ zurück.
Das Gericht setzte für ein Körperverletzungsdelikt Boatengs gegen seine frühere Lebensgefährtin und Mutter seiner Zwillingstöchter eine Verwarnung unter Vorbehalt in Höhe von 200.000 Euro fest. Es ist quasi eine Geldauflage zur Bewährung. Als Bewährungsauflage muss Boateng 100.000 Euro zahlen. In den zwei vorherigen Verfahren vor dem Münchner Amts- und Landgericht wurde Boateng wegen Körperverletzung und Beleidigung verurteilt.
Die Staatsanwaltschaft sah nach der Beweisaufnahme anders als das Gericht wesentliche Vorwürfe gegen Boateng als erwiesen an und forderte eine Geldstrafe in Höhe von 1,12 Millionen Euro – 160 Tagessätze zu 7000 Euro für den 35-Jährigen. Nach der Urteilsverkündung ließen sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Rechtsanwältin von Boatengs früherer Partnerin offen, ob sie erneut Rechtsmittel einlegen.
Der Prozess drehte sich um den Vorwurf einer Attacke Boatengs in einem Karibikurlaub mit der Mutter seiner 13 Jahre alten Zwillinge vor sechs Jahren. Wie die Richterin sagte, ergab die Beweisaufnahme, dass bisherige Vorwürfe zum Teil nicht haltbar sind – so sei der Vorwurf, Boateng habe eine Kühltasche auf seine Ex-Partnerin geworfen, widerlegt.
Der Richterin zufolge kam es am Tatabend in einem vorher als „sehr harmonisch“ zu verstehenden Urlaub in der Karibik zum Streit. Auslöser sei wohl ein Streit bei einem Kartenspiel gewesen, danach sei es zu einer Eifersuchtsszene der Ex von Boateng gekommen.
Boateng habe ein Kissen geworfen und sei gegen einen Tisch gestoßen, weshalb ein Windlicht zu Bruch gegangen sei. Der damals für den FC Bayern München spielende Fußballer habe sich zu beruhigen versucht. Als er nach einer Viertelstunde zurückgekehrt sei, sei es zu einem neuen Streit gekommen. Dabei habe ihn seine frühere Partnerin angegriffen und so verletzt, dass er stark blutete.
Boateng habe ihr daraufhin einen „wuchtigen Schlag“ gegen das Auge verpasst, mit der Faust oder dem Handballen. Außerdem habe er sie geschubst, wodurch sie zu Boden gefallen sei. „Das ist der Sachverhalt, von dem wir ausgehen“, sagte die Richterin mit Verweis auf Fotos, Atteste und Aussagen eines Arztes als Beweismittel.
Die Richterin warf der früheren Partnerin fehlende Glaubwürdigkeit vor. Sie sehe es zudem „mit Schrecken“, wohin sich der Prozess ausgeweitet habe. Es müsse aber die „mediale Verfolgung“ Boatengs aufhören. Die ganze Sache sei „Ausfluss einer toxischen Beziehung“, sagte die Juristin.
Richterin Hemmerich sagte weiter: „Wir haben hier nicht den schlimmen Frauenschläger. Wir haben hier einen Menschen, der einmal im Leben ausgerastet ist.“ Boateng habe sich in dem Verfahren „sehr geläutert“ gezeigt. Sein ganzes Leben sei durch das Verfahren beeinträchtigt worden.
Boateng feierte als Fußballer in seiner Zeit von 2011 bis 2021 beim FC Bayern große Erfolge. Spätere Stationen in Frankreich bei Olympique Lyon und vergangene Saison in Italien beim späteren Absteiger US Salernitana verliefen eher glücklos. Ab der neuen Saison spielt Boateng beim Linzer ASK in Österreich.
Boateng erklärte nach dem Urteil: „Ich bin unendlich erleichtert, dass dieser jahrelange Albtraum nun endet. Das ist vor allem für meine Kinder wichtig.“ Jetzt wolle er sich auf die Familie und den Fußball konzentrieren.
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