Das Kölner Landgericht hat den früheren Reemtsma-Entführer Thomas Drach am Donnerstag wegen mehrerer bewaffneter Raubüberfälle auf Geldtransporter zu 15 Jahren Haft und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Es sah es als erwiesen an, dass der mehrfach vorbestrafte Schwerkriminelle in den Jahren 2018 und 2019 Geldtransporter in Köln, am Flughafen Köln-Bonn sowie in Frankfurt am Main überfiel und dabei auch auf Sicherheitsleute schoss.
Wegen der Schüsse ging das Gericht neben schwerem Raub auch von versuchtem Mord aus. Der Vorsitzende Richter stellte in der Urteilsbegründung fest, dass „bei zwei der Taten rücksichtslos von der Schusswaffe Gebrauch gemacht worden“ sei. Dabei seien zwei Sicherheitsmitarbeiter erheblich verletzt worden. Dem Angeklagten sei das „Wohl und Wehe“ der Opfer dabei „völlig egal“ gewesen, fügte der Richter hinzu.
Den Urteilsfeststellungen zufolge überfiel Drach zwischen März 2018 und November 2019 drei Geldtransporter am Flughafen Köln-Bonn sowie bei zwei Ikea-Märkten in Köln und Frankfurt am Main. Ein vierter ihm zur Last gelegter Fall betraf einen Raubüberfall im hessischen Limburg. Hier sah das Gericht eine Täterschaft Drachs jedoch nicht als gesichert an, weshalb ein Freispruch erfolgte.
Demnach wurde der heute 63-Jährige vor allem aufgrund der Indizienlage verurteilt. Zu den Taten selbst habe Drach in dem Prozess dagegen „im Kern keine Äußerung“ gemacht, wie der Vorsitzende Richter sagte. Die drei Überfälle seien jedoch mit Überwachungskameras aufgezeichnet worden. Trotz Vermummung des Täters sei eine Übereinstimmung mit Drach wahrscheinlich. Zudem wurde an einem der für die Überfälle benutzen Autos eine DNA-Spur des Angeklagten sichergestellt.
Das Gericht berücksichtigte bei seiner Strafbemessung außerdem, dass Drach bereits einschlägig vorbestraft ist. Zusammengerechnet habe er Haftzeiten von mehr als 25 Jahren gesammelt. Die Strafen seien „komplett ohne Eindruck bei dem Angeklagten geblieben“, resümierte der Vorsitzende Richter. Drach sei „sprichwörtlich ein Berufskrimineller“.
Das streng gesicherte Verfahren gegen Drach dauerte bereits seit Februar 2022. Das Urteil erging nun am 100. Verhandlungstag. In seinem letzten Wort hatte dieser am Donnerstag einen „glasklaren Freispruch“ gefordert. ,Gegen die Staatsanwaltschaft erhob der 63-Jährige schwere Vorwürfe. So habe die Anklagevertreterin in dem Verfahren „nur abstruse Behauptungen aufgestellt“, sagte Drach. Zudem sprach der Angeklagte in seinem letzten Wort von „fabrizierten Beweisen“ und „gekauften Zeugen“ gegen ihn.
Das Urteil entsprach der Forderung der Staatsanwaltschaft, die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert. Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht. Der Angeklagte kündigte nach dem Urteilsspruch bereits an, Revision einlegen zu wollen. Drach gilt als einer gefährlichsten Schwerverbrecher Deutschlands, sein Name ist untrennbar mit der Entführung des Mäzens Jan Philipp Reemtsma 1996 verbunden.
Die Entführer um Drach hielten den Erben einer Tabakdynastie damals rund einen Monat lang gefangen, bevor der gegen Zahlung eines Lösegelds in zweistelliger Millionenhöhe freikam. Für die Entführung Reemtsmas wurde Drach 2000 zu 14 Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Noch während seines Gefängnisaufenthalts in Hamburg wurde er wegen versuchter Anstiftung zur Erpressung erneut verurteilt. Im Oktober 2013 kam er frei.
Sicherheitsverwahrung bedeutet, dass ein Verurteilter nach Verbüßung einer Haftstrafe wegen Gefährlichkeit für einen prinzipiell unbegrenzten Zeitraum weiterhin in einer speziellen geschlossenen Einrichtung untergebracht wird. Gerichte überprüfen in solchen Fällen regelmäßig, ob die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung weiterhin erforderlich ist.
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