Michael Ende Klassiker im Krefelder Kresch Theater

Momos Kampf gegen die grauen Herren feiert am Samstag, 14. September 2024, zur Spielzeiteröffnung seine Premiere auf der Bühne des Kresch Theaters.

Krefeld – Das Mädchen Momo ist eine unvergessliche literarische Figur: wild und mutig wie Pippi Langstrumpf, aber zugleich verträumt und still. „Was Momo konnte wie kein anderer, das war: Zuhören“, heißt es in Michael Endes berühmten Roman, der vor 50 Jahren den Deutschen Jugendbuchpreis erhalten hat und seitdem aus den Kinderzimmern der Republik kaum wegzudenken ist. Das Kresch-Theater präsentiert ab Samstag, 14. September, eine Bühnenfassung des Buches. Die Premiere zur Spielzeiteröffnung ist ausverkauft, doch ein Dutzend weiterer Termine stehen bereits fest. „Die Idee, ‚Momo‘ auf die Bühne zu bringen, gibt es hier schon sehr lange“, sagt Theaterleiterin Isolde Wabra. Und jetzt sei der Moment genau richtig.

In Michael Endes Buch kämpft Momo gegen die Grauen Herren, die den Menschen ihre Zeit stehlen. Das Mädchen lebt in einem alten Amphitheater und freundet sich dort mit Menschen aus der Umgebung an, unter anderem mit dem Jungen Gigi und dem Straßenkehrer Beppo. Doch dann tauchen die Agenten der „Zeitsparkasse“ mit ihren grauen Gesichtern und leeren Versprechungen auf: Statt den Augenblick zu genießen, sollen die Menschen ihre Zeit lieber vernünftig für später aufbewahren – nichtsahnend, dass sie dadurch für immer verloren ist. „Unsere grauen Herren sind heute die kleinen digitalen Geräte, an denen wir festgewachsen sind“, sagt Franz Mestre, der „Momo“ für die Bühne bearbeitet und inszeniert hat.

Sein abstraktes Bühnenbild erinnert entfernt an ein Amphitheater. Es ist schwarzweiß gehalten, lediglich die Figuren dienen als Farbtupfer – der Straßenkehrer ganz in Orange, Gigi in Gelb und Rot, Momo in Braun mit bunten Flicken. Bilder, die von einer künstlichen Intelligenz nach Vorgaben ausgestaltet wurden, erzeugen auf der Leinwand im Hintergrund digitale Räume, neben den menschlichen Darstellern nimmt auch ein KI-Avatar am Spiel teil. Die Botschaft ist klar: „Wir brauchen keine digitalen Monologe, sondern mehr analoge Dialoge“, sagt Franz Mestre.

Die Schauspieler für „Momo“ hat der Regisseur gemeinsam mit Isolde Wabra an der Kölner Schauspielschule „Der Keller“ gefunden. Sieben junge Darsteller schlüpfen zum Teil in bis zu fünf verschiedene Rollen. „Wir müssen hinter der Bühne auch organisatorisch eine Top-Leistung bringen“, erklärt Leonie Merle Kluth, die unter anderem die Schildkröte Kassiopeia spielt. „Beim Rollenwechsel und Umziehen ist das Tempo hoch, da muss alles funktionieren.“ Außer Momo sind alle Schauspieler in mehreren Szenen auch als Graue Herren auf der Bühne. „Wir sehen gleich aus und bewegen uns gleich, trotzdem müssen wir unsere eigene Persönlichkeit herausarbeiten“, betont Oscar Hardt. Die Eiseskälte und Bedrohlichkeit der Zeitdiebe soll auf der Bühne spürbar werden.

Für das „Kresch“ aus Krefeld und den Kölner „Keller“ ist die Kooperation ein klassisches „Win-Win“. Das Theater findet junge, begabte Darsteller, die zugleich erste Bühnenerfahrungen unter Realbedingungen sammeln können. „Solche Erfahrungen sind in der schulischen Ausbildung nicht so ohne Weiteres zu vermitteln“, sagt Michael Meichßner, Leiter der Schauspielschule. „Allein der Ausnahmezustand bei Endproben, wenn alle Beteiligte auf 180 sind – das sind wertvolle Erlebnisse für jeden jungen Schauspieler.“ Zusätzlich könne man beim Kresch lupenreines Kinder- und Jugendtheater mitgestalten, was sonst oft zu kurz käme. „Das Proben und Spielen hier am Kresch ist für uns Teil des Unterrichts.“

Tatsächlich gelten Kinder und Jugendliche am Theater als besonderes Publikum, weil sie oft ehrlich und direkt reagieren. Für die Premiere haben Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule Kaiserplatz bereits vorab intensiv zu „Momo“ gearbeitet. „Für Kinder ist das eine Chance, intensiver ans Theater anzudocken“, sagt die Lehrerin Melanie Prescher, die gemeinsam mit ihrer Kollegin Elisabeth Eichler das Projekt betreut. Gemeinsam wurden unter anderem Plakate für das Stück gestaltet und Stundenblumen gebastelt, mit denen Momo die Grauen Herren am Ende in die Falle lockt. „Bei der Premiere kann jeder Zuschauer eine solche Blume mitnehmen – als Erinnerung, dass man sich mehr Zeit nehmen sollte für die Dinge, die wirklich wichtig sind“, sagt Melanie Prescher.

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