Krefeld – Das Stück ist in diesem Schuljahr auch Abiturstoff. Vier Vorstellungen sind bereits ausgebucht, für alle anderen Aufführungen gibt es noch Karten. Heinrich von Kleists (1777-1811) Lustspiel ist eine Satire auf Amtsmissbrauch, Schlawinertum und Gesinnungslumperei. Darüber hinaus lässt sich der Dorfrichter Adam auch als Personifikation menschlicher Sündhaftigkeit schlechthin verstehen. In der Fassung des Regisseurs und Dramaturgen Marcel Krohn wird die Handlung rund um die merk- und fragwürdigen Abläufe im Huisumer Gericht auf das Wesentliche reduziert.
Dorfrichter Adam und der Krug
Im niederländischen Dorf Huisum findet Gerichtstag statt. Marthe Rull klagt gegen Ruprecht Tümpel, dem vorgeworfen wird, sich nachts zu ihrer Tochter Eve geschlichen und dort einen wertvollen Krug zerbrochen zu haben. Dorfrichter Adam möchte den Prozess verschieben: Er ist durch einen häuslichen Unfall stark ramponiert, von Blessuren gezeichnet und hat zudem seine Perücke verloren. Unglücklicherweise trifft an diesem Tag auch Gerichtsrat Walter aus Utrecht ein, um dem Verfahren beizuwohnen. Da Aussage gegen Aussage steht und Eve, die einzige Zeugin, beharrlich schweigt, zieht sich die Sitzung in die Länge. Seltsamerweise scheint dem Richter eine gründliche Aufklärung des Falls nur wenig am Herzen zu liegen. Wiederholtes Getuschel mit Eve und der Fund der verloren geglaubten Perücke schüren den bösen Verdacht, dass Adam möglicherweise selbst in den Vorfall verwickelt sein könnte.
Das Stück lebt von seinen raschen Dialogen und den prallen Charakteren, allen voran dem Dorfrichter selbst. In der Krefelder Inszenierung ist er ein Mann, der seine Leidenschaft nicht im Zaum hält, der mit Leichtigkeit moralische Grenzen überschreitet, der ohne Skrupel lügt und dem das Gesetz vollkommen gleichgültig ist. Der Regisseur verlegt das Stück in die 1970er-Jahre als Mitteleuropa noch von patriarchalen Strukturen gekennzeichnet war, in der aber auch in unterschiedlichen Feldern des gesellschaftlichen Lebens Emanzipationsbewegungen aufkeimten. Auf der Kresch-Bühne wird das realistische Gerichts-Setting aufgebrochen: Richter, Zeugen, Anklägerin und Beklagter – alle schauen in Richtung des Publikums. Dadurch soll das Bühnengeschehen eine große Unmittelbarkeit erhalten.
Weitere Premieren im Kresch-Theater
Theaterpädagoge Kilian Seeger inszeniert in der Spielzeit 2025/2026 mit „All das Schöne“ ein britisches Stück, das sich einem ernsten Thema widmet: Depressionen der eigenen Eltern. Premiere ist am 20. Dezember. Ein junger Mann lässt sein bisheriges Leben anhand einer Liste der schönen Dinge Revue passieren. Doch finden sich in seinen Aufzeichnungen nicht nur Angenehmes wie Eiscreme und Fernsehen, sondern auch Herausforderungen wie die Sorge um eine Mutter, die ihren Lebensmut verloren hat. Im Stück „Wutschweiger“ (Premiere 15. November) verbünden sich zwei Kinder, die von Armut betroffen sind und deshalb nicht mit auf Klassenfahrt dürfen. Aus Protest gegen ihre Situation wollen sie schweigen – und finden in der geteilten Notlage neues Selbstvertrauen. „Wutschweiger“ wurde mit dem Jugendtheaterpreis Baden-Württemberg sowie dem Dramatikerpreis „Kaas und Kappes“ ausgezeichnet.
Das Klassenzimmerstück „Erste Stunde“ handelt von der Dynamik des Hänselns: Eine neue Klassenkameradin, die an ihrer alten Schule bereits Mobbing erlebt hat, konfrontiert ihre neuen Mitschüler mit einem ungewöhnlichen Angebot: Fünf Minuten, länger nicht, wird sie sich als Zielscheibe bereitstellen. Nun ist es an den anderen Jugendlichen zu entscheiden, wie sie mit dieser Situation umgehen. Das Stück endet in einer ausführlichen Nachbesprechung zwischen den Schülern und der Darstellerin. Neben bekannten Stücken wie „Die Reise einer Wolke oder Wolken“, das am 7. September 25-jähriges Bühnenjubiläum im Kresch-Theater feiert, stehen „Die Abenteuer von Pettersson und Findus“ oder „Die kleine Kuscheltierhexe“ für die kommende Spielzeit auf dem Programm.



