Krefeld – „Nur das Fliegen an sich ist schon etwas Besonderes. Wenn es an den Start geht, die Maschine langsam abhebt. Das ist traumhaft“, schwärmt Jürgen Brefort. Ende der 1970er-Jahre hat er mit der professionellen Luftbild-Fotografie begonnen, aus der sich eine lebenslange Leidenschaft entwickelte. Da arbeitete er für eine niederrheinische Brauerei. Mit einem Helikopter ging es damals in die Luft, um das Unternehmen aus der Höhe abzubilden. „Früher musste man sich noch die Luftbildfotos mit Nummern vom Regierungspräsidenten freigeben lassen“, sagt der 80-Jährige mit einem Lachen. In den vergangenen Jahrzehnten drückte er im Himmel über Krefeld und dem Niederrhein zig-tausendfach auf den Auslöser. Inzwischen habe er seinen „Lichtbildnerausweis“ gegen den Rentnerausweis eingetauscht. Es freue und beruhige ihn, dass sein Bildarchiv nun als Vorlass unter dem Dach des Stadtarchivs Krefeld für die Nachwelt erfasst und dokumentiert wird.
Besondere Perspektive auf die Stadt
Das waghalsige Unternehmen gleichzeitig eine Maschine zu steuern und auch noch zu fotografieren, das habe er nie gemacht. „Ich bin immer mit einem Piloten geflogen“, sagt der Krefelder. Wenn sich vom Abend abzeichnete, am kommenden Tag werde es schönes Wetter geben, griff er zum Hörer: „Haben Sie ein Flugzeug frei?“ Dann hob er von Grefrath oder Mönchengladbach ab. Nur dort waren entsprechende Maschinen stationiert, deren Tragflächen oben und nicht unten am Rumpf moniert waren. „Sonst hätte man die Flügel im Bild gehabt“, so Brefort. In den ersten Jahren fotografierte er analog, dann digital. Alleine zwischen 2002 und 2022 kamen so rund 51.000 Luftbilder zusammen – ein Schatz für das Stadtarchiv Krefeld. Die Luftbilder spiegeln die Entwicklung der Stadt im vergangenen halben Jahrhundert aus einer besonderen, distanzierten Perspektive wider. „Fotos spielen in der historischen Nutzung eine immer größere Rolle“, betont Dr. Olaf Richter, Leiter des Stadtarchivs Krefeld.
Ein Leben im Fokus des Theaters
Jürgen Brefort behielt den Überblick in der Höhe. Im Gegensatz zu ihm suchte Fotograf Rolf Giesen den engen Kontakt zu seinen Motiven im Theater. „Während der Proben bin ich auf der Bühne zwischen den Schauspielern gewesen. Da entstand eine ganz besondere Intensität und Nähe“, berichtet der 73-Jährige. Im Theater Krefeld und Mönchengladbach machte er zwischen 1977 und 1994 Fotos von allen Inszenierungen – wie vom „Ring des Nibelungen“ inszeniert von Opernregisseur John Dew, der von 1978 bis 1985 in Krefeld wirkte. „Da kamen sogar Busse aus Bayreuth nach Krefeld“, erinnert sich Giesen. Gut fünf, sechs Jahre wurde der vom Publikum geliebte oder verhasste „Ring“ in dieser Fassung aufgeführt. Die bundesweite Aufmerksamkeit unter den Richard-Wagner-Fans sorgte auch für einen Bericht im Hamburger Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ – samt Fotos von Giesen.
Seine Leidenschaft für das Theater keimte bei Giesen schon zu Schülerzeiten auf. Als 17-Jähriger spielte er als Statist bei Aufführungen in Krefeld mit – und nun als Rentner steht er erneut auf der hiesigen Bühne. Als Student lernte er noch an der Werkkunstschule Krefeld, unter anderem bei Professor Detlef Orlopp. Das Folkwang Museum in Essen zeigte von Orlopp 2015 eine Werkschau mit dem Titel „Nur die Nähe – auch die Ferne“. Nach seinem Abschluss an der Werkkunstschule führte Giesens Weg direkt wieder zur Theater. Sein fotografisches Lebenswerk gelangt nun als Vorlass an der Stadtarchiv Krefeld. Dieser ergänzt den 2015 ans Haus gekommenen Bestand des Theaters. Jetzt über beides zu verfügen sei ein Gewinn für das Archiv, so Richter. Den Ankauf der zwei Vorlässe ermöglichte die Sparkassen-Kulturstiftung Krefeld. Die 1986 gegründete Stiftung unterstützt finanziell diverse Projekte in Krefeld.