Krefeld – Mit ohrenbetäubenden Lärm fahren Autos und Lkws in kurzen Intervallen auf der Düsseldorfer Straße und eine Etage höher über die Rheinbrücke. Drei Wanderer stehen unterhalb der Brücke an der Düsseldorfer Straße. Sie suchen einen Weg auf die Flussquerung. Das Trio zögert einen Moment, welche der beiden Treppen des Brückenkopfes sie emporsteigen sollen. Dann sind sie plötzlich weg. Der schlichte Ort lädt eben nicht zum Verweilen ein. Eine kleine graue, mit Schmierereien verschmutzte Türe befindet sich auf der Straßenebene mittig im Brückenkopf. Sie hat keine Klinke, nur einen massiven Griff in der oberen Türhälfte. Es hört sich nach einem Klischee an, aber hinter dieser unscheinbaren Tür eröffnet sich ein geheimnisvoller und vergessener Ort.
Es riecht nach Feuchtigkeit
Die Augen müssen sich an die Dunkelheit gewöhnen. Es riecht nach Feuchtigkeit, nach etwas abgestandenem Rheinwasser. Der Lärm der Straßen ist verstummt. Von der Rheinbrücke durchdringt lediglich ein dumpfes „Dum. Dum. Dum. Dum“ die Betonwände, wenn Fahrzeuge über die Dehnungsfuge der Brücke brausen. Der Künstler Manuel Schroeder hat die Taschenlampe an seinem Smartphone eingeschaltet. In dem fahlen Licht lässt sich schemenhaft eine meterhohe Halle erahnen. Diese Halle mit rund 430 Quadratmetern und angrenzende kleinere Räume bilden den Rahmen für die Performance. „Es ist ein Erlebnis, das die Sinne erleben werden“, so der künstlerische Leiter. Mit Schwarzlicht spärlich illuminiert, agieren dort Akteure der Bildenden Kunst, Medienkunst und Darstellenden Kunst. Die Räume sollen durch deren Aktionen neu empfunden und verstanden werden.
Krefelder Perspektivwechsel
Ungewöhnliche Orte zu endeckten, dieses Ziel verfolgt seit einigen Jahren der „Krefelder Perspektivwechsel“ des Stadtmarketings mit unterschiedlichen Projekten. „Man hat sonst nicht die Möglichkeit, solche Ort zu besuchen“, betont Claire Neidhardt, Leiterin des Stadtmarketings Krefeld. Mit dem Künstler Manuel Schroeder ist es nun die dritte Zusammenarbeit zum Thema „Beton und dessen Hinterlassenschaften“ – zuletzt im Bunker am Hauptbahnhof. Bei der aktuellen Performance werden unter anderem Outdoor-Installationen und Illuminationen in die Innenräume des Brückenkopfs gestreamt. Diese konzentrieren sich auf Beton-Fragmente im Hafengebiet und bilden die „szeno-grafische Basis“ der Performance.
Luftschutzraum
Die Krefelder Rheinbrücke wurde im Sommer 1936 für den Verkehr freigegeben. Die Räume im Brückenkopf dienten während des Zweiten Weltkriegs auch für militärische Zwecke und als Luftschutzraum. Spuren dieser Nutzungen seien noch vorhanden, so Romina Korrenz von der Regionalniederlassung Niederrhein, Straßen NRW. Während des Rückzugs der deutschen Wehrmacht vor den Alliierten wurde die Brücke am 4. März 1945 gesprengt. Die Wiedereröffnung erfolgt im November 1950.
Kunstverein Raumordnung
Die Innenräume der Rheinbrücke werden vom Kunstverein Raumordnung in Kooperation mit dem Unternehmen Alberdingk-Boley GmbH und der Stadt Krefeld für den Projektzeitraum einmalig öffentlich zugänglich gemacht. Die beteiligten Künstler sind Manuel Schroeder (Berlin), Sabine Kreuer (Krefeld), Thomas Krutmann (Köln) und Volker Wurth (Wipperfürth). Für die Performance am 14. Juli gibt es keine Plätze mehr für die Führungen.