Düsseldorf – Unter dem Titel „Molari im Heinefeld. Bilder und Erzählungen von Otto Pankok. Spurensuche zu Düsseldorfer Sinti und Sintizze“ zeigt die Mahn- und Gedenkstätte der Landeshauptstadt Düsseldorf, Mühlenstraße 29, vom 18. Oktober 2022 bis zum 14. Mai 2023 eine dokumentarische Ausstellung über die Düsseldorfer Sinti und Sintizze, die von Otto Pankok gemalt wurden. Die Ausstellung wird ermöglicht durch den Förderkreis der Gedenkstätte und die Otto Pankok Stiftung in Hünxe-Drevenack.
Mitten in einer der größten Stadtrandsiedlungen der Weimarer Republik, der „wilden Siedlung Heinefeld“ in Düsseldorf-Unterrath, mietete sich im Oktober 1931 der Künstler Otto Pankok (1893–1966) ein winziges Atelier, um in Ruhe malen und zeichnen zu können. Hier traf er auf einige Sinti-Familien, die auf dem Heinefeld lebten und dem Maler ebenso offen und neugierig begegneten wie er ihnen. So wurde Pankok zum Maler der Sinti, ihrem „Molari“, wie sie ihn auf Romanes nannten. Die Sintizze und Sinti wiederum wurden zu Portraitierten – und zu Freunden des engagierten Künstlers.
Pankoks Zeichnungen und Holzschnitte, die bis in die beginnende NS-Diktatur hinein und dann wieder nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden, dokumentieren das beschwerliche Leben auf dem Heinefeld. Sie zeigen Armut und soziale Not, aber auch Momente der Freude und des gegenseitigen Vertrauens. Immer wieder wurden die Portraits in Museen und Galerien gezeigt. Die erste Ausstellung fand schon im Januar 1932 in der Düsseldorfer Kunsthalle statt. Pankok, der nach 1933 selbst als „entarteter Künstler“ und „Kulturbolschewist“ vom Regime diffamiert und in die innere Emigration getrieben wurde, blieb mit seinen Freunden in Kontakt. Nach 1945 kümmerte er sich mit Nachdruck um deren Wiedergutmachung und stritt leidenschaftlich mit den Behörden. Er wollte, dass die Menschen als rassistisch Verfolgte des Naziregimes anerkannt wurden.
Die Ausstellung „Molari auf dem Heinefeld“ stellt nicht den Künstler oder dessen Bilder in den Mittelpunkt, sondern die dargestellten Menschen und deren Lebensgeschichte. Erstmals hat die Mahn- und Gedenkstätte der Landeshauptstadt Düsseldorf die Spuren verfolgt und nach dem Verbleib der Gemalten und Gezeichneten gesucht: Wer waren die Sinti und Sintizze auf Pankoks Bildern, die dem Künstler vor allem mit deren Romanes-Namen geläufig waren? Wie lauteten deren amtliche Namen und was geschah mit ihnen? Wer von den Männern, Frauen oder Kindern hat den Völkermord an den deutschen Sinti und den europäischen Roma überlebt? Und auf welche Weise starben diejenigen, die verschleppt, zur Zwangsarbeit eingesetzt und ermordet wurden?
Anhand von Beispielen dokumentiert die Ausstellung die einzelnen Biografien und die brutale Ausgrenzung und Verfolgung, welche die Sinti und Sintizze in Düsseldorf nach 1933 erfuhren. Gezeigt werden drei Kohlezeichnungen, vier Radierungen und zwei Lithografien, vor allem aber 16 Holzschnitte von Otto Pankok. Die Werke stammen aus den Jahren 1931 bis 1948. Sie wurden von der Otto Pankok Stiftung (Haus Esselt in Hünxe-Drevenack) zur Verfügung gestellt. Von zentraler Bedeutung sind die Biografien, Fotografien und Dokumente zu den Düsseldorfer Sinti und Sintizze. Als Ergänzung kommen die Überlebenden in Interview-Ausschnitten selber zu Wort. Auch Pankoks schriftliche Erinnerungen an seine Begegnungen und die Memoiren seiner Tochter Eva werden herangezogen. Erstmals entsteht so ein Bild von den Menschen, die Pankok immer wieder portraitierte: Ringela und Fisili, Heida und Raklo, Ehra oder Gaisa.
Die Ausstellung wurde von Dr. Bastian Fleermann und Hildegard Jakobs von der Mahn- und Gedenkstätte kuratiert und vom Büro Ullrich (Düsseldorf) gestaltet. Sie beruht auf historischen Vorarbeiten von Jona Winstroth und Immo Schatzschneider.