Krefeld – Die Erhebung des Dorfes Krefeld zur Stadt 1373 durch Kaiser Karl IV. wirkte sich auf das Leben der Einwohner nicht maßgeblich aus. Die Krefelder lebten und arbeiteten weiterhin auf knapp vier Hektar umringt – aufgrund der Ernennung zur Stadt – von einer neuen Mauer mit Türmen und zwei Toren. Die Kleinstadt durchzog eine Fernstraße, die heutige Hochstraße. So blieb es bis zum Ende des 17. Jahrhunderts. Erst mit dem Zuzug der Mennoniten stiegt die Bevölkerungszahl, die Stadt dehnte sich aus und die wirtschaftliche Blüte als Textilstadt begann. Zur Zeit der Stadterhebung im Hochmittelalter ahnte in Krefeld natürlich noch niemand etwas von Reichtum durch Samt und Seide. Anderenorts webten, nähten und stickten Menschen schon besondere Textilien. Solche – rund 650 Jahre alte Schätze – befinden sich im Bestand des Deutschen Textilmuseums in Krefeld, wie das Fragment eines italienischen Seidengewebes aus der Mitte des 14. Jahrhunderts.
Zahlreiche italienische Seidengewebe des 14. Jahrhunderts
Das Deutsche Textilmuseum Krefeld besitzt zahlreiche italienische Seidengewebe des 14. Jahrhunderts. Darunter befindet sich jedoch keines, das sich exakt auf ein Entstehungsjahr, geschweige denn dem Jahr 1373 zuordnen lässt. Dafür wären zum Beispiel Inschriften notwendig oder die Erwähnung ihrer Muster in Textquellen. Es ist jedoch möglich, sie aufgrund ihres Stils und der Technik etwa in die Mitte des 14. Jahrhunderts zu datieren, also einen Zeitraum um die Krefelder Stadterhebung.
Reminiszenzen der einst chinesischen Seidenweberei
Das Gewebe zeigt ein endloses Muster aus beigefarbenen Ranken mit Blättern und Blattwerk, die ein Netz aus symmetrischen, großen und spitzovale Feldern bilden. In dieses Rankwerk sind in leuchtendem Grün Sittiche oder schlanke Greifvögel im Profil eingefügt, die sich umblicken. Weiterhin finden sich darin kleine grüne Drachen. Ihre langen Körper bilden eine Öse um einen Ast, indem die Schwanzspitze im Maul des Drachen gehalten wird. Die Drachen sind als Reminiszenzen der einst chinesischen Seidenweberei zu verstehen.
Fragmente in anderen Sammlungen
Das Gewebe wurde in Fragmente geteilt. Teile wurden in andere Sammlungen abgegeben oder mit anderen Objekten getauscht – eine übliche Vorgehensweise im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Solche Fragmente befinden sich in Sammlungen wie dem Kunstgewerbemuseum Berlin und in der Abegg-Stiftung im schweizerischen Riggisberg. Das Krefelder Stück (27,2 mal 22 Zentimeter) und jenes aus Riggisberg stammen von derselben Gewebebahn. Für eine Erforschung dieses Gewebes müssten alle Fragmente zusammengetragen und -gesetzt werden. So ließen sich die ursprünglichen Ausmaße und ihre Verarbeitung rekonstruieren.